Enttäuschung für Frankfurt: Zentrale EU-Finanzaufsicht kommt wohl nicht an den Main
Eine gute und eine schlechte Nachricht hatten die EU-Finanzminister bei ihrem gestrigen Treffen in Brüssel parat. Eine EU-Finanzaufsicht wird wohl doch kommen, aber diese Institution wird nicht in Frankfurt zentralisiert sein.
Das EU-Parlament hatte in der zurückliegenden Woche gefordert, die drei geplanten Sparten der europäischen Finanzaufsicht für Banken, Wertpapiere und Märkte zentral am Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt anzusiedeln, um die Abstimmung zu erleichtern.
Jubel in London
Doch nach dem einstimmig verabschiedeten Kompromissvorschlag der EU-Finanzminister ist hiervon keine Rede mehr. Vielmehr soll die Aufsichtssparte für Banken in der Londoner City angesiedelt werden.
Dagegen bleibt die Ansiedlung der beiden anderen Teilbehörden noch offen. Es ist jedoch mehr als wahrscheinlich, dass die beiden Sparten auf Frankfurt und Paris verteilt werden. Welche Machtbefugnisse die neuen Behörden tatsächlich haben werden, blieb zunächst unklar.
Somit ist der Jubel auf der Insel auch groß, besonders bei dem britischen Finanzminister George Osborne. "Das ist eine wirklich gute Nachricht für London und Großbritannien. London ist Europas einziges wirklich globales Bankenzentrum. Daher setzt sich George Osborne auch entschieden dafür ein, dass die neue Bankaufsichtsbehörde auch hier angesiedelt werden sollte - und alle anderen EU-Länder haben dem zugestimmt", sagte ein Ministeriumssprecher.
Jobmotor Aufsichtsbehörde wird wohl kleiner ausfallen
Damit erhalten auch die Hoffnungen Frankfurts auf eine Stärkungen des Arbeitsmarktes in den Bereichen Aufsicht, Regulierung und Risikomanagement einen Dämpfer.
"Eine Ansiedlung der EU-Finanzaufsicht in Frankfurt würde dem Finanzplatz einen weiteren Schub verleihen. Bereits die Ansiedlung der EZB hat dafür gesorgt, dass sich eine erhebliche Kompetenz in Regulierung, Aufsichtsfragen und Risikomanagement entwickelt hat", hatte der Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance Hubertus Väth noch in der vergangenen Woche gesagt.
Das Fehlen einer zentralen europäischen Finanzaufsicht wurde für die Finanzkrise mitverantwortlich gemacht. Der Kompromiss wurde laut Medienberichten in einem Gespräch zwischen dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und seinem britischen Pendant Osborne vorbereitet.
Endgültige Einigung bis September erwartet
Das EU-Parlament bemühte sich, den Verhandlungsfortschritt als Erfolg erscheinen zu lassen. "Der Warnschuss des EU-Parlaments von vergangener Woche hat Wirkung gezeigt. Die Entwicklung der EU-Finanzminister hin zu einer europäischen Finanzaufsicht mit kontrollierten Durchgriffsrechten ist erfreulich. Vor allem das
Einlenken Großbritanniens hin zu einer nachhaltigen europäischen Lösung ist zu begrüßen", kommentierte der Vizepräsident der Europäischen Volkspartei Othmar Karas das Ergebnis.
Die 27 Finanzminister haben unterdessen die belgische EU-Präsidentschaft ermächtigt, die Verhandlungen mit dem EU-Parlament voranzutreiben, damit die Behörde wie geplant zum 1. Januar 2011 ihre Arbeit aufnehmen kann. Ein endgültiger Entschluss wird dann für September erwartet.