GASTKOMMENTAR: Hören Sie auf, sich zu beschweren und schätzen Sie Ihre Jobchancen realistisch ein
Dies ist ein Weckruf. Falls Sie seit 18 Monaten keine Arbeit haben, dann ist die Zeit gekommen, realistisch zu werden. Hören Sie auf, sich über den Arbeitsmarkt zu beklagen. Denn Sie sind es, der etwas falsch macht.
Ich spreche an dieser Stelle über verschiedene meiner Freunde. Obgleich sich ihre jeweiligen Situationen unterscheiden, wurden sie doch sämtlich von Banken entlassen, als die Blase platzte. Sie alle hatten damit zu kämpfen, wieder auf die Füße zu kommen.
Sie weigerten sich anzuerkennen, dass die Finanzbranche für lange Zeit nicht auf die altbekannten Höhen zurückkehren wird. Sie haben Jobs aus den unterschiedlichsten Gründen abgelehnt: Denn sie waren zu schlecht bezahlt, die Unternehmen waren zu klein oder zu jung, das Geschäftsmodell war zu eng und die Manager waren nicht hungrig genug. Zwischenzeitlich hat sich eine riesige Lücke im Lebenslauf aufgetan.
Die Deregulierung hat die Finanzdienstleistungen zu einer lukrativen Branche gemacht und diese Entwicklung scheint sich jetzt umzukehren. Die Zahl der Stellen nimmt ab und sie werden deutlich schlechter bezahlt. Wir werden wahrscheinlich nicht so schnell zu dem Niveau zurückkehren, an das wir uns lange gewöhnt haben.
Wir haben vergessen, dass es lange Phasen gab, als die Leute kein Vermögen in den Finanzdienstleistungen verdient haben. In der kürzlich erschienenen, exzellenten aber mängelbehafteten Kritik an der Wall Street und am Kapitalismus "Inside Job" erzählt Charles R. Morris von einem Freund, der in den späten 70er Jahren tagsüber als Anleihehändler arbeitete und einen Zweitjob am Abend hatte, um seine Familie durchzubringen. In den frühen 80er Jahren hat er dann im Trading eine Vermögen verdient und dachte er, sei schlau.
Immer wenn ich diese Klagelieder höre, fürchte ich mich davor, nach ihren Anstrengungen in der Jobsuche zu fragen. Falls Sie entlassen wurden, als die Finanzdienstleistungsbranche in die Rezession rauschte, dann hatten Sie Ihre Auszeit in 2009. Den Kilimandscharo zu erklimmen, Freiwilligenarbeit, Lektionen in Mandarin, die zu nichts führten, und schließlich die Lektüre von "Der schwarze Schwan" und "Die Narren des Zufalls" - alles das hat sicherlich Spaß gemacht.
Doch falls Sie immer noch keinen Job haben, dann war das alles für die Katz.
Sehr oft haben diese Leute Jobangebote erhalten und diese abgelehnt. Sie hätten sich womöglich in einer Stelle wiedergefunden, die nicht perfekt ist. Doch sie hätten damit Berufserfahrungen gewonnen, mit denen Sie später bei dem Vorstellungsgespräch zu ihrem Traumjob punkten könnten, was sich sowieso nur alle sechs Monate einstellt.
Die Welt, in der wir heute leben, unterscheidet sich von dem Arbeitsmarkt vor der Krise, als ich und Legionen anderer Absolventen angeheuert wurden. Die Zeiten der gutmütigen Banken, die jeden einstellten, der laufen konnte, sind passé.
Dutzende neuer Start-Ups und Spin-Offs sind entstanden, die sich die hellsten und motiviertesten unter den derzeit nicht angestellten Bankern aussuchen können. Diese veranstalten keine glitzernden Recruitment-Abende, haben keine schicken Karrierewebseiten oder auch nur vornehme Büros. Das benötigen sie auch nicht. Denn es liegt an Ihnen, diese ausfindig zu machen, indem Sie Webseiten wie diese nutzen.
Viele der Klagenden lehnen sogar Initiativanrufe oder Networking ab. "Ich möchte die Leute nicht belästigen", ist eine verbreitete Ausrede. Das kann ich nur bedauern, denn die Unternehmen stellen am liebsten besonders engagierte Leute ein. Es gehört auch ein wenig Geschick dazu, eine Chance in einem neuen Bereich der Finanzdienstleistungen zu ergreifen. Es werden neue Innovationen entstehen, um die aktuellen Probleme der Finanzbranche zu bewältigen.
Ihr Einsatz zählt sich womöglich nicht aus. Wir befinden uns am Ende eines Konjunkturzyklus und es dauert möglicherweise ein Jahrzehnt, um dorthin zu gelangen, wo wir vor einigen Jahren waren.
Versuchen Sie herauszufinden, wie sich die Berufserfahrung, über die Sie verfügen, am besten einsetzen lässt. Ehemalige Beschäftige aus Leveraged Finance haben Jobs in der Restrukturierung von Kreditportfolios oder im Deleveraging strauchelnder Finanzinstitute gefunden.
Darüber hinaus stellen Sie möglicherweise fest, das Ihre neuen oder zukünftigen Vorgesetzten nicht zu den motiviertesten Unternehmerpersönlichkeiten zählen. Denn viele Leute haben bereits während der Boomjahre ihr Scherflein ins Trockene gebracht. Damit befinden sie sich in einem besonders angenehmen Abschnitt ihrer Karriere und ihnen ist es bereits gelungen, ihr Ertragspotenzial auszureizen. Doch dies ist vielen Nachwuchskräften noch nicht gelungen, dennoch sollen wir auf die passende Chance warten. Doch zuhause zu sitzen und sich zu beklagen, bringt niemanden weiter.