Was wird das Jahr 2012 für die Neueinstellungen in den Finanzdienstleistungen bringen? Handelt es sich bei dem Stellenabbau bei der RBS nur um den Auftakt eines breiteren Trends und wird sich die Situation in Asien ebenso verschlechtern wie in Europa? Wie sehen die Chancen auf dem deutschen Recruitment-Markt aus? All dies haben wir Robert Walters, den Chef des gleichnamigen großen Recruitment Unternehmens gefragt.
Falls ich mit „Ja“ antworten würde, würden Sie mich für bescheuert halten – es wird schlecht werden. Falls Sie die Nachrichten verfolgen, dann handelt es sich immer noch um ein Weltuntergangsszenario und die Probleme in der Eurozone gehen weiter. Dennoch wird es eine Erholung geben. Dafür sehen wir bereits erste Anzeichen in den USA. Ich persönlich rechne nicht mit einem Armageddon. Allerdings denke ich, dass sich die Erholung auf dem Arbeitsmarkt noch ein wenig Zeit lassen wird: Denn beim Recruitment dreht sich alles um Vertrauen und das haben wir noch nicht.
Ja, das wird auch in 2012 weitergehen. Es gibt entsetzlich viele Leute, die mit ihrem Job unzufrieden sind und dennoch das Risiko eines Wechsels scheuen. Dabei handelt es sich um ein Charakteristikum, das Sie in jedem Downturn finden und einen solchen Trend haben wird schon früher gesehen. Doch wenn die Erholung kommt, dann kommt sie ziemlich schnell und sie haben schrecklich viele Leute, die alle zur gleichen Zeit wechseln wollen. Der Aufschwung wird dramatisch ausfallen.
Falls ich ein Spieler wäre, was ich nicht bin, würde ich auf 2013 tippen. In 2013 befinden wir uns seit vier oder fünf Jahren in einem Abschwung. Die Leute werden nicht so lange mit einem Jobwechseln warten. Wenn dies eintreten wird, dann werden auch Wiederbesetzungseinstellungen unmittelbar notwendig werden. Die Banken haben Einschnitte bis auf die Knochen hinter sich. Fall Ihr Mitarbeiter im Kredit Controlling oder Compliance geht, dann müssen Sie jemanden einstellen, um ihn zu ersetzen. Banken tendieren dazu, Leute einzustellen, die bereits eine Arbeit haben und nicht arbeitslos sind. Dies schafft Löcher bei anderen Unternehmen, die ebenfalls gefüllt werden müssen, da auch dieses Unternehmen Einschnitte bis auf die Knochen hinter sich hat – so ergibt sich ein Schneeballeffekt.
Asien ist immer noch stärker als andere Teile der Welt. Dennoch handelt es sich bei den Finanzdienstleistungen um eine globale Branche und als solche ist sie auch weltweit betroffen. Doch vorbehaltlich diverser Bestimmungen zur Einwanderung und Arbeitserlaubnis und vorausgesetzt, Sie bringen die richtigen Kompetenzen und Sprachkenntnisse mit, dann ist es wahrscheinlich leichter, einen Job in Asien als in Europa oder den USA zu finden.
Ich halte es für möglich, dass es in Indonesien mehr Jobs geben wird. Denn das Recruitment in den Finanzdienstleistungen geht Hand in Hand mit allgemeinem Wachstum und die Situation ist dort sehr dynamisch. Was Brasilien betrifft, dann können Sie dort womöglich einen Job finden – allerdings nur wenn Sie Portugiesisch sprechen. Ansonsten dürften Sie Probleme bekommen. Die Überlegung, das Land zu wechseln und einen Job zu finden, hängt von Punkten wie z.B. Ihrer Berufserfahrung ab. Falls Sie ein Junior-Kandidat sind und die richtigen Kompetenzen mitbringen, dann kann Ihnen eine Auswanderung leichter fallen.
Das hoffe ich. Falls sie in der Eurozone eine Finanztransaktionssteuer einführen werden, dann wird Großbritannien davon profitieren. Vorausgesetzt diese Steuer würde uns nicht betreffen, dann wird London auch weiterhin blühen.
Ja. In der Welt gibt es drei sehr reife Recruitment-Märkte: Großbritannien, Australien und die USA. In diesen Märkten machen die Leute viel Gebrauch von Recruitern. Dagegen ist es in Deutschland und Frankreich verbreiteter, dass Unternehmen Mitarbeiter direkt einstellen. Dort gibt noch ein sehr großes Wachstumspotenzial für Leute wie uns – auch wenn die Zahl der Jobs gleich bleibt.