Sobald Sie die imposanten Eingangshallen mit den attraktiven Empfangsdamen und den großen Aktientickern hinter sich gelassen haben, treffen Sie bei Finanzdienstleistern zumeist auf ganz gewöhnliche Großraumbüros mit langen Reihen von Schreibtischen und Bildschirmen. Doch einige wenige Büros haben mehr mit Champagner und Kaviar gemein als mit Cola Light und Sandwiches. Denn nach dem Vorbild von Technologieunternehmen wie Google und Facebook haben manche Finanzdienstleister ihren Büros das gewisse Etwas verliehen, um die besten Talente anzuziehen und an sich zu binden.
„Unternehmen versuchen die Räumlichkeiten so zu gestalten, dass sie die Kreativität fördern“, sagt Andy Bugg vom Immobiliendienstleister Knight Frank in London. „Selbst etwas so schlichtes wie eine Kantine, die vor einigen Jahren ausgestorben waren, sind wieder in Mode, ebenso wie mehr natürliches Licht und besondere Räumlichkeiten, je nachdem welche Form von Arbeit geleistet werden soll, in der Gruppe oder individuell.“
Doch welche Büros sorgen tatsächlich zu Neid unter den Beschäftigten von Finanzdienstleistern weltweit oder bieten etwas ganz Besonderes? Hier unsere Liste, die von eFinancialCareers-Korrespondenten rund um den Globus zusammengestellt wurde:
Nach der Übernahme der europäischen und asiatischen Aktivitäten der US-Pleitebank Lehman Brothers hat die japanische Investmentbank Nomura eine ehrgeizige Renovierung ihrer Londoner Niederlassung abgeschlossen. Dort finden sich jetzt ein Hörsaal mit 220 Plätzen und ein kleines Fernsehstudio. Darüber hinaus beherbergt das Gebäude auf seinem Dach mehr als 150.000 Honigbienen und einen Gemüsegarten, die von Mitarbeitern freiwillig gepflegt werden. [Foto: Nomura]
Laut Dave Crowley, dem Beauftragten für Gesundheit, Sicherheit und Ökologie bei Nomura dient dies dazu, den CO2-Fußabdruck des Gebäudes zu reduzieren und gleichzeitig das Mitarbeiterengagement zu stärken. Der Honig wird übrigens auch zum Frühstück serviert.
Die Bank of Moscow hat den Designer Alexey Kuzmin verpflichtet, um ein 7000 Quadratmeter großes, fensterloses Dachgeschoss standesgemäß auszustatten.
Mit Kronleuchtern, Ledergarnituren, Eichenholzvertäfelungen und dem reichlichen Gebrauch von Spiegeln handelt es sich genau um das Ambiente, das viele Leute mit wohlhabenden Bankern verbinden. [Fotos: The Cool Hunter]
Die Angestellten des europäischen Arms des Hedgefunds Tudor Capital erwarten die feineren Dinge des Lebens. Tudor Capital Europe beschäftigt gerade einmal 20 Mitarbeiter, die allerdings in den zwöf Monaten bis Ende März Vergütungen von insgesamt 62,2 Mio. Dollar auf sich vereinten. Das Umgebaute Anwesen in der Grafschaft Surrey bei London umfasst mehr als 10 Hektar Land samt einem Pool, Tennisplätzen, einem Fitnessstudio sowie einer Bar.
Obgleich das Unternehmen auf unsere Anfrage zu den Räumlichkeiten nicht reagierte, vermitteln die Fotos doch einen klaren Eindruck.
Macquarie hat das Architekturbüro Clive Wilkinson und die Designer Fitzpatrick & Partners aus Sydney engagiert, um ihre Zentrale in Sydney sowie die Niederlassung in London zu gestalten.
Die Ergebnisse sind recht spektakulär ausgefallen, wobei es nicht nur um das Design, sondern auch um die Förderung des Teamgeistes ging.
Kompetente Private Banker in Singapur zu rekrutieren, stellt keine leichte Aufgabe dar. In 2009 soll der Arbeitskräftemangel so groß gewesen sein, dass sich die Unternehmen nach Friseuren und Autoverkäufern umgesehen haben. Die UBS hat sich der Ausbildung angenommen und ihre "Universität" für Private Banking in einem Gebäude der britischen Kolonialarmee aus den 30er Jahren untergebracht. Das Anwesen ist von Landschaftsgärten und Bäumen umgeben, die von der Nationalparkverwaltung Singapurs unter Naturschutz gestellt wurden. Laut Moira Robert, die die UBS Business University Asia-Pacific leitet, bietet das Gebäude "ein perfektes Ambiente, das dem Lernen und der Entwicklung förderlich ist."
PwC in London hat im laufenden Jahr den "British Council for Office Awards" gewonnen (ja, so etwas gibt es), wobei sich alles um Nachhaltigkeit dreht. So werden 45.000 Liter gebrauchtes Speiseöl jede Woche verfeuert, um das Gebäude mit Energie zu versorgen. Es umfasst auch eine Art Wellness-Centre für die Mitarbeiter, wo es nicht nur Ärzte und Zahnärzte, sondern auch die Möglichkeit zu Meditation und Gebeten gibt.
"In den zurückliegenden Jahren zählten die Räume für Meditation und Gebete zu den gefragtesten Einrichtungen", sagt Anne Muir von PwC. "Sie können als Ruheräume genutzt werden, wo Mitarbeiter allein sein, ihre Gedanken sammeln und sich erholen können, um die nächste Aufgabe in Angriff zu nehmen."
Bei Bridgewater Asscociates handelt es sich nicht um irgendeinen Hedgefonds. Vielmehr handelt es sich laut dem jüngsten Bloomberg-Ranking um den größten Hedgefonds der Welt. Daher benötigt das Unternehmen auch repräsentative Räumlichkeiten. So plant das Unternehmen einen riesigen Neubau in Stamford (Connecticut) in der Nähe von New York, das sich gerade vom Sturm "Sandy" erholt. Dies soll mit Hubschrauberlandeplatz, einem Schiff zur Erholung und sogar einem eigenem Jachhafen recht opulent ausfallen.
Credit Agricole beherbergt in seinem "immergrünen" französischen Hauptquartier immerhin über 9000 Mitarbeiter. Bei BNP Paribas sind es 3300. Einige Zyniker behaupten, dass die Banken geradezu eigene Dörfer mit Restaurants, Friseuren, Gärten, Ententeichen und Sportplätzen schaffen, damit die Beschäftigten niemals ihre Büros verlassen müssen. [Foto: Die Lounge von Credit Agricoles Hauptverwaltung]
Laut der Bank besteht die Idee darin, mit offenen Räumen Zusammenarbeit und Teamgeist zu fördern.
Falls Sie es indes ein wenig bodenständiger mögen, dann könnte die Raiffeisenbank Gammersfeld die richtige Adresse für Sie darstellen. Allerdings beschäftigt Deutschlands kleinste Bank nur einen Mitarbeiter: Peter Breiter. Sein Vorgänger Fritz Vogt hatte das Institut 40 Jahre lang geleitet und bis 2009 auf einen Computer verzichtet.
Falls Sie zum Lunch gerne eine sündhaft teure Zigarrer rauchen, sich ein Glas Portwein gönnen und Ihr Gesicht in einer Ausgabe der Times vergraben wollen, dann handelt es sich um das richtige Büro für Sie. Das Foto stammt vom Manchester House im gediegenen Londoner Westend, das für ein "Investmentunternehmen" geschaffen wurde. Die Architekten und Designer SHH wollen indes keine Angaben zur Identität ihres Auftraggebers machen.
Die Idee von SHH bestand darin, ein denkmalgeschütztes Gebäude aus der Georgianischen Epoche in ein modernes Büro des frühen 21. Jahrhunderts zu verwandeln.