Was man von Arbeitslosen lernen kann: Vier Beispiele
Oft stellen wir Ratschläge von Headhuntern, Karrierecoaches und HR-Profis zusammen. Doch auch aus den Erfahrungen von arbeitslosen Finanzprofis lassen sich interessante Lehren für die eigene Karriere ziehen – besonders wenn man selbst mit Arbeitslosigkeit konfrontiert ist. Wir haben vier Betroffene gefragt:
Fall 1: Akzeptieren Sie einfach, dass Sie zu alt für den Arbeitsmarkt sind
Der 52jährige war früher Senior Product Controller bei einer US-Bank und verlor seinen Job vor fünf Jahren. Mittlerweile hat er jegliche Hoffnung aufgegeben, je wieder einen Job im Banking zu finden. Seither versucht er sich mit anderen Tätigkeiten wie Sport oder Coaching die Zeit zu vertreiben.
„Wenn Sie einmal draußen sind, dann ist es nahezu unmöglich, den Weg zurück zu finden“, sagt der 52jährige. „Am Anfang schien ich durch persönliche Kontakte noch voranzukommen, doch dies lief auf nichts hinaus. Es gab einfach nur wenige Stellen und alle Unternehmen, bei denen ich mich bewarb, bevorzugten jüngere Bewerber. Die Banken wissen, dass sie bereits heute die Pipeline für die Zukunft füllen müssen. Wenn Sie da nicht ins Altersprofil passen, dann haben Sie keine Chance.“
Seitdem die britische Regierung in 2008 Gesetze gegen die Altersdiskriminierung eingeführt hat, sind die Probleme in der Londoner City nur noch schlimmer geworden. „Die Gesetze gegen Altersdiskriminierung führen dazu, dass Sie von Recruitern gar nicht erst weitergeleitet werden. Denn die Recruiter wissen: Sobald sie Sie präsentieren, müssen die Arbeitgeber Sie gleichberechtigt behandeln. In den meisten Fällen wollen die Recruiter ihre Kunden schützen und stellen daher erst gar keinen Kontakt her.“
Auch in eine Teilzeitbeschäftigung zu wechseln, fällt keineswegs leicht. „Ich kenne einige Zeitarbeitskräfte, die Zeitarbeit mit einer immensen Ausdauer betrieben haben. Aber die meisten Jobs gibt es für Leute mit Erfahrungen in regulatorischen Fragen und niemand interessiert sich für Sie, wenn Sie zu lange aus dem Job heraus sind.“ Doch wie lang ist zu lang? „Alles über zwei Jahre ist zu lang“, sagt der 52jährige.
Fall 2: Die Branche zu wechseln, ist gar nicht so schwer
Beim nächsten Fall handelt es sich um einen Strukturierungsprofi einer großen US-Bank, der das Banking freiwillig aufgegeben hat und nach einer neuen Herausforderung in der Technologiebranche sucht.
„Falls Sie die Branche wechseln wollen, dann lautet mein einfacher Rat: Machen Sie das“, sagt der ehemalige Strukturierer. „Viele Leute sprechen davon und entscheiden sich dann doch dagegen, weil sie fürchten, dass sie hierfür ein dickes finanzielles Polster benötigen. Das stimmt auch. Es braucht einfach einige Zeit, in eine andere Branche zu wechseln und Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie vier oder fünf Monate kein Einkommen beziehen. Doch das kann man überstehen, wenn man ein wenig seines Lifestyles als Investition in seine Zukunft opfert.“
Fall 3: Ins Risikomanagement zu wechseln, ist leichter gesagt als getan
Beim nächsten Finanzprofi handelt es sich um einen Aktienanalysten, der nach einiger Zeit auf Reisen jetzt in Frankfurt nach einer neuen beruflichen Herausforderung sucht. Doch bislang waren seine Bemühungen noch nicht von Erfolg gekrönt. „Headhunter helfen nicht weiter“, sagt der Aktienanalyst. „Sie sind nur gut, wenn es darum geht, Sie auf eine ähnliche Stelle wie Ihre alte zu platzieren.“
Er versucht die Aktienanalyse zu verlassen, da diese sich seiner Meinung nach in einem langfristigen Niedergang befindet. Aber dies ist leichter gesagt als getan. „Ich wollte ins Risikomanagement wechseln. Ich war mir sicher, dass das Risikomanagement künftig eine große Sache sein wird und dass die deutschen Banken sich glücklich schätzen würden, jemanden aus London einzustellen, der Erfahrungen in der Analyse von Bankaktien mitbringt. Allerdings hat sich herausgestellt, dass Risikomanager heutzutage eine Promotion in Mathematik mitbringen müssen.“
Fall 4: Akzeptieren Sie die neuen Realitäten. Selbst wenn Sie einen neuen Job finden, wird es schwierig
Beim nächsten Fall handelt es sich um einen Private Equity-Experten, der tatsächlich einen neuen Job gefunden hat. Er ist die Angelegenheit systematisch angegangen und hat Exceltabellen mit seinen Kontakten und Zielunternehmen angelegt. Seinen Worten zufolge sollten Sie keinesfalls erwarten, dass Ihnen eine neue Arbeitsstelle in den Schoß fällt. Falls dies doch der Fall sein sollte, sollten Sie dabei bleiben, auch wenn es schwer fällt. „Ich habe schon jemanden getroffen, der einen MBA absolviert hat und dann einen M&A-Job bei einer Großbank erhalten hat, nur um diesen dann aufzugeben, weil er drei Nächte in der Woche durcharbeiten musste“, erzählt der Private Equity-Profi. „Die Branche verändert sich. Es ist noch härter als in der Vergangenheit. Das müssen Sie einfach akzeptieren, wenn Sie zwei Jahre aus der Branche heraus sind und in einem grünen Vorort von Paris oder Philadelphia verbracht haben.“
Falls Sie keinen Job in der ersten Liga erhalten können, dann versuchen sie es in der zweiten, dritten, vierten, fünften oder sechsten, rät der Private Equity-Experte. „Sie sollten auch auf sehr kleine Unternehmen achten. Davon gibt es eine ganze Reihe und nur wenige Leute suchen dort nach Jobs."
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