GASTBEITRAG: Was John Cryan unternehmen kann, um seine Mitarbeiter bei Laune zu halten
Deutsche Bank-Chef John Cryan muss Kreativität beweisen. Innerhalb von zwölf Monaten hat sich der Aktienkurs halbiert. Zwar fallen die Gehälter der Managing Directors hoch aus, dafür haben sich ihre aktienbasierten Bonusansprüche ebenfalls halbiert und die Chancen, dass sie für 2016 einen anständigen Bonus erhalten, stehen ähnlich gut wie die Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen am 8. November. Wieso sollte also jemand warten, bis ihm gesagt wird: „Sie haben gut gearbeitet, aber Ihre Anstrengungen gelten angesichts unserer globalen Probleme nichts.“ Überdies handelt es sich auch nicht um das erste Mal. Schon im vergangenen Jahr mussten Managing Directors zurückstecken.
Sicherlich ist Cryan kein Idiot. Zwar hat er sich bereits in der Vergangenheit negativ zu Boni geäußert und soll einen bescheidenen Lebensstil pflegen, aber er hat lange genug in der Branche zugebracht um zu wissen, welche Rolle die Vergütung spielt. Und wenn die Deutsche Bank nicht zahlt, dann zahlen eben andere Banken. Das Institut riskiert, seine besten Leute an die Konkurrenz zu verlieren, wovor z.B. in der vergangenen Woche die US-Bank JP Morgan warnte.
Durch den Druck – besonders seitens der Politik -, die Vergütungen in der Investmentbank zurückzuschrauben, ist Cryan nicht in der Lage, seine Favoriten mit Bonbons zu versorgen. Zumindest kann er das nicht öffentlich. In der Öffentlichkeit werden die hohen Boni seit 2009 kritisiert, die angeblich höher ausgefallen sind als die Marktkapitalisierung des Instituts. Laut Aktienanalysten könne die Deutsche Bank ihr Eigenkapital um 2,5 Mrd. Euro stärken, wenn sie die Boni für 2016 zusammenstreiche und Bonusansprüche aus Vorjahren verfallen ließe. Cryan kann also nicht ins Portemonnaie greifen. Doch was bleibt ihm dann noch übrig?
Glücklicherweise gibt es Präzedenzfälle. Das Geheimnis besteht darin, eine Vergütungsstrategie zu finden, die sowohl Aktionäre als auch die Mitarbeiter zufriedenstellt.
Das Beispiel von Merrill Lynch aus dem Jahr 1998
1998 habe ich bei Merrill Lynch in Asien gearbeitet. Dort grassierte eine Finanzkrise, die Merrill Lynch besonders schwer traf. Damals musste die Bank einen Verlust von annähernd 900 Mio. Dollar verkraften und tausende verloren ihre Jobs. Es liefen sogar Gerüchte um, dass die Bank untergehen könne, die sich allerdings als verfrüht erwiesen. Der damalige Merrill Lynch-Chef David Komansky verzichtete auf ein Drittel seiner Vergütung. Er kam allerdings auch mit einer Idee an, die Mitarbeiter bei der Stange zu halten.
Komanskys Lösung bestand in einem Performance Options-Plan (POPs), der an die Kennzahl des Economic Value Added (EVA) gebunden war – oder Value Added, wenn Sie die Eigenkapitalkosten herausrechnen. Diese Optionen wurden uns nur ausbezahlt, wenn unser EVA eine zuvor benannte Benchmark erreichte. Die Aktionäre waren zufrieden, weil ihre Verluste damit versichert waren und auch wir sind gut davongekommen.
Das Beste daran: Das EVA überstieg die Zielmarke deutlich, so dass die POP ausbezahlt wurden. Dies war besser als unsere Aktienboni, die damals über fünf Jahre gestreckt ausbezahlt wurden. Weil 1998 ein schlechtes Jahr war, war auch das EVA sehr niedrig ausgefallen. Dies bedeutete, dass mit dem kräftigen Anstieg des EVA 1999 und 2000 auch unsere POPs nach oben schossen. Und es kam noch besser: Die Ausgabepreise der POPs lagen unter dem sogenannten Fair Value normaler Optionen, weshalb wir noch mehr kassierten. So stellte sich 1998 im Nachhinein für uns als sehr gutes Jahr heraus. Für all den Stress wurden wir von Komansky also sehr gut bezahlt.
Das Beispiel der Credit Suisse aus 2008
Falls Cryan ein jüngeres Beispiel wünscht, dann kann er sich die „Giftboni“ über 5,5 Mrd. Dollar der Credit Suisse aus 2008 anschauen. Diese waren damals auch bei den Investoren sehr beliebt, weil damit die Mitarbeiter in ihren Augen an den Problemen der Credit Suisse beteiligt wurden.
Doch was geschah tatsächlich? Bis 2012 kletterte der Wert der „Giftboni“ um 75 Prozent, während die Aktie der Bank um 23 Prozent nachgegeben hatte. Die „Giftboni“ stellten sich als Weg heraus, die Mitarbeiter sehr gut zu bezahlen und die Aktionäre zufriedenzustellen. Dabei war schon früh klar, dass sich die Sache zum Guten wenden würde, denn das Management erhielt ebenfalls einen Teil seiner Vergütung in „Giftboni“.
Ist Cryan der richtige Mann für derartige Tricks? Ich weiß es nicht. Zweifellos steht er unter solchem Druck, dass er für harte Entscheidungen bereit ist. Die Mitarbeiter der Deutschen kennen diese Dinge aus der Vergangenheit und sie setzen ihn unter Druck, etwas Ähnliches zu unternehmen. Achten Sie also auf Bonusankündigungen, die als Wohltat für die Aktionäre daherkommen oder Sie können die Mitarbeiter dabei beobachten, wie sie zur Konkurrenz wechseln. Wie dem auch sei: Die Deutsche Bank wird in nächster Zukunft sehr interessant sein.
Pillippe Ersatz ist ein Pseudonym. Ersatz hat früher in führender Position im Derivatehandel gearbeitet.