Gewinner und Verlierer der neuen Deutsche Bank-Struktur
Kaum eine Bank schlägt so viele Haken in ihrer Strategie wie die Deutsche Bank. Nachdem erst im Oktober 2015 die Aufspaltung von Corporate Banking & Securities und der Teilverkauf der Postbank angekündigt worden war, wird jetzt das genaue Gegenteil angestrebt. Doch wer zählt zu den Gewinnern und Verlierern der neuen Struktur? Konzernchef John Cryan hat am heutigen Montag (6. März) seine Pläne gegenüber Analysten in London erläutert, was einige Rückschlüsse erlaubt:
Gewinner: Front Office im Investment Banking
Laut Cryan sei die Verringerung des „Produkt-Footprints“ im Investment Banking weitgehend abgeschlossen. Noch erstaunlicher ist: In den Kostenreduktionsplänen sind Mehrausgaben von 900 Mio. bis 2021 für das Front Office im Investment Banking vorgesehen. Bei einer Reduktion der konzernweiten Kostenbasis von 24,7 Mrd. heute auf 21 Mrd. Euro im Jahr 2021 stellt dies schon einen erstaunlichen Geldsegen fürs Corporate & Investment Banking dar. „Wir sehen Chancen in ein oder zwei neuen [Produkt]-Linien“, sagte Cryan weiter. Allerdings verriet er nicht, worum es sich dabei handelt.
Tatsächlich sieht die Analysten-Präsentation vor, den Anteil der risikogewichteten Aktiva der Bereiche Origination & Advisory, Transaction Banking sowie Financing an den gesamten risikogewichteten Aktiva der neuen Sparte von 55 auf 65 Prozent hochzufahren. Der Konzern will also hier zum Angriff blasen. Selbst in Sales & Trading soll der Anteil der risikogewichteten Aktiva künftig bei 35 Prozent liegen. Auch das ist ein wenig mehr als die 34 Prozent von heute.
Gewinner: Wealth Management
Nachdem sich für die Postbank offenbar kein Käufer gefunden hat, will Cryan das gelbe mit dem blauen Filialgeschäft zusammenlegen. Hinzu kommt noch das vergleichsweise kleine Wealth Management, das in der Vergangenheit auch schon zum Asset Management zählte. Dabei kündigte Cryan an, „selektiv ins Wealth Management“ investieren zu wollen. Damit dürfte zumindest ein moderater Personalaufbau verbunden sein.
Gewinner: Compliance
Bereits bei der Bekanntgabe des Jahresergebnisses hatte Compliance-Chefin Sylvie Matherat angekündigt, 650 neue Stellen in dem Bereich noch bis Ende 2017 zu schaffen. Offenbar geht die Bank davon aus, dass diese Kostenbasis auch weiterhin hoch ausfallen wird. Jedenfalls sehen die neuen Planungen der Bank bis 2021 eine Steigerung der jährlichen Kosten für Compliance- und Kontrollfunktionen von rund 300 Mio. Euro vor.
Verlierer: Back Office im Corporate & Investment Banking
Durch die Zusammenlegung von Investment Banking und Global Markets will die Bank stolze 700 Mio. Euro bis 2021 einsparen. Damit geht es den Mitarbeitern in der Infrastruktur und dem Front Office-Support an den Kragen. Allein das dürfte einige tausend Stellen kosten.
Verlierer: Die Filialmitarbeiter
Mit der Zusammenlegung des gelben und blauen Filialgeschäfts dürfte auch hier ein neuer Kahlschlag beim Personal bevorstehen. Jedenfalls hat Cryan gegenüber dem US-Fernsehsender CNBC einen weiteren Personalabbau angekündigt. Auch Verdichef Frank Bsirske sah sich veranlasst, lauthals vor einem weiteren Personalabbau zu warnen. Vorsorglich erläuterte Cryan heute den in London versammelten Analysten das deutsche Mitbestimmungssystem. Cryan meinte, dass die deutschen Regeln sehr wohl einen Abbau erlaubten. „Es dauert einfach nur länger“, sagte der Konzernchef. Das eigentliche Problem bestehe darin, eine Einigung mit den Arbeitnehmervertretungen zu erzielen. Sobald das geschehen sei, laufe dies weitgehend geräuschlos. Keine guten Aussichten für Filialmitarbeiter.
Verlierer: IT
Die IT erwies sich in den zurückliegenden anderthalb Jahren als der DER Jobmotor des Konzerns. Seit dem letzten Strategieschwenk im Oktober 2015 hat die Bank rund 2000 Stellen in der IT geschaffen und damit angeblich 2700 externe Mitarbeiter ersetzt. Cryan kündigte an, auch weiterhin möglichst viele Altsysteme abschalten zu wollen, um so Geld und Personal einzusparen. Wer also noch an Altsystemen mit „obskuren Programmiersprachen“, wie Cryan es nennt, arbeitet, hat allen Grund zur Sorge.
Verlierer: Die Besitzer hoher Bonusansprüche aus den Vorjahren
Die Spitzenverdiener der Deutschen Bank, die sich zumeist im Investment Banking finden, erhalten einen großen Teil ihrer Bonusansprüche in aktienbasierten Instrumenten, die über drei bis fünf Jahre aufgeschoben ausbezahlt werden – oder auch nicht wie für die Mitarbeiter vom Vice President aufwärts in 2016. Für alle Besitzer solcher Ansprüche stellt die gestern angekündigte Kapitalerhöhung über acht Mrd. Euro eine schlechte Nachricht dar, da sich so etwas üblicherweise negativ auf die Kursentwicklung auswirkt. Zum Vergleich: Die Marktkapitalisierung der Bank beläuft sich aktuell auf keine 27 Mrd. Euro. So stürzte der Kurs heute auch in der Spitze um über 7 Prozent ab, erholte sich aber anschließend deutlich.