Bis zu 500 Jobs für Frankfurt: Welche Chancen Deutsche bei japanischen Banken haben
Die Japaner kommen. Im Zuge des Brexits wollen Mizuho, Sumitomo, Nomura und Daiwa ihr Personal in Deutschland deutlich aufstocken – nur die Bank of Tokyo-Mitsubishi hat Amsterdam den Vorzug gegeben.
„Die Japaner werden 300 bis 500 Jobs in Frankfurt schaffen“, schätzt Frankfurt Main Finance-Geschäftsführer Hubertus Väth, der viele Jahre für die Deutsche Bank in Asien gearbeitet hat. Eigentlich würde es sich sogar um sechs Institute handeln, denn Sumitomo und Mizuho kommen samt ihren Brokerage-Töchtern. Kernbanken und Wertpapierhandel seien bei japanischen Banken oft getrennt, erläutert er. Nomura und Daiwa seien traditionell im Aktiengeschäft stark, Sumitomo und Mizuho im Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren, Währungen und Rohstoffen.
Laut Väth wollen die japanischen Banken den Großteil ihrer Mitarbeiter von der Themse an den Main umsiedeln und nur wenige Stellen neu besetzen. „Es gibt aber zumindest eine Bank, die in Frankfurt ganze Teams übernehmen möchte“, erzählt Väth.
Die ersten Suchen im Middle und Back Office sind bereits heraus. „Mein Klient, eine große japanische Bank, will auch nach Frankfurt kommen und dort zunächst HR, Compliance und andere Funktionen aufbauen“, versichert ein Frankfurter Headhunter, der namentlich nicht genannt werden möchte.
US-Amerikaner stellen Deutsche ein, Chinesen bleiben lieber unter sich
Die Kultur der Auslandsbanken in Deutschland fällt höchst unterschiedlich aus, was sich deutlich an der Beschäftigung zeigt. Während die US-Banken in Frankfurt fest in der Hand deutscher Mitarbeiter und weitgehend frei von angelsächsischen „Expats“ sind, wird das Geschäft bei den chinesischen Banken auch von Chinesen kontrolliert.
So gehören dem Vorstand der Goldman Sachs (Deutschland) AG Wolfgang Fink, Jörg Kukies und Matthias Bock an. Die Geschäfte der JP Morgan (Deutschland) AG werden von Burkhard Kübel-Sorger, Stefan Behr und Michelle Grundmann geleitet. Auf den niedrigeren Karrierestufen sieht dies kaum anders aus.
An der Spitze der deutschen Niederlassung der Bank of China stehen hingegen Guang Li und Bernd Meist. Bei einer solchen Doppelspitze sind der chinesische Chef für das eigentliche Geschäft und der deutsche für Marktfolge und Regulierungsbehörden zuständig. Ein klassisches Modell bei chinesischen Banken. Doch wie sieht dies bei den japanischen Banken aus?
Japaner sind offener – zumindest ein wenig
Bei den japanischen Banken fällt die Personalpolitik etwas komplexer aus: Bei der größten Bank, der Bank of Tokyo-Mitsubishi, wird die Leitung des Deutschlandgeschäfts zwar mit Seiichi Kuroiwa, Kiyoshi Kuzuhara und Stephan Stamm zwar ebenfalls von Japanern dominiert, doch auf den niedrigeren Rängen sieht es anders aus. Von den insgesamt 207 Mitarbeitern in den Niederlassungen Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München sind 2016 lediglich 16 entsandte Mitarbeiter. Ähnlich bei Mizuho: Mit Yasutaka Iyama, Jörg Sittmann und Yohei Sosa liegt auch hier die Geschäftsführung mehrheitlich in japanischer Hand, während nach den Profilen auf den sozialen Netzwerken die Mitarbeiter zumeist deutscher Herkunft sind.
Einen Sonderfall stellt die japanische Investmentbank Nomura dar. Denn diese hatte nach der Pleite von Lehman Brothers 2008 deren Deutschlandgeschäft samt deren zumeist deutschen Angestellten übernommen. Die Tochtergesellschaft Nomura Asset Management Deutschland KAG mit ihren 36 Mitarbeitern wird sogar von Andreas Körner und Magnus Fielko geleitet.
„Die japanischen Institute sind jedoch schon lange in London und haben sich an die Usancen der City angepasst", meint Väth. Das gelte besonders für Nomura, die das Europageschäft von Lehman Brothers übernommen hat.
„Bei den japanischen Banken in Deutschland gibt es zwei Teams: Das eine ist für japanische Kunden zuständig. Dort arbeiten meist Japaner. Das andere für die übrigen Geschäftskunden, wo zumeist Deutsche arbeiten“, erzählt ein zweiter Frankfurter Headhunter, der seit vielen Jahren für japanische Kunden tätig ist und ebenfalls anonym bleiben möchte. „Am Ende muss aber alles ein Japaner abzeichnen – selbst in Bereichen, von denen die Japaner keine Ahnung haben. Wenn Sie im Handelsregister nachschauen, dann gibt es nur wenige zeichnungsberechtigte deutsche Mitarbeiter.“
Deutsche gesucht, aber selten fürs Management
Laut dem ersten Headhunter stellen japanische Banken durchaus deutsche Managing Directors ein. „Es bestehen allerdings geringe Chancen weiter aufzusteigen“, warnt der Headhunter. Die oberen Führungsetagen in Tokyo blieben Japanern vorbehalten und auch im Alltagsgeschäft behielten die Japaner das letzte Wort. „Deutsche Mitarbeiter besitzen zwar Prokura, aber größere Kredite müssen immer mit Tokyo abgestimmt werden.“ Dagegen sei es bei amerikanischen Banken durchaus möglich, die oberen Sprossen der Karriereleiter zu erklimmen.
Was die Mitarbeiter betrifft, besitzen die ostasiatischen Institute ganz genaue Vorstellungen. „Bei japanischen Banken darf man nicht polarisieren und nicht anecken. Die suchen Teamplayer und keine Alphatiere Sie müssen auch eine gewisse Empathie für fremde Kulturen besitzen“, bestätigt der zweite Headhunter. „Wer zur Kultur passt, kann sich dort sehr wohl fühlen. Die Japaner schätzen ein langfristiges Engagement und keine raschen Wechsel.“ Entsprechend hoch falle die Arbeitsplatzsicherheit aus.
Da japanische Banken großen Wert auf ein langfristiges Engagement legen, suchten sie sich ihre Mitarbeiter sehr sorgfältig aus. „Wenn jemand nach kurzer Zeit wieder geht, dann verliert der japanische Vorgesetzte sein Gesicht. Entsprechend vorsichtig agieren sie“, erläutert der Personalberater weiter. „Daher dauern auch die Bewerbungsprozesse bei japanischen Banken mit Abstand am längsten.“
„Sie legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, Beständigkeit und Loyalität“, bekräftigt der erste Headhunter. Häufige Arbeitsplatzwechsel und Lücken seien noch unbeliebter als bei deutschen Banken. „Die wollen keine erklärungsbedürftigen Lebensläufe. Mit einem volatilen Lebenslauf brauche ich dort gar nicht erst aufzutauchen.“