Brexit: Aufweichung des Kündigungsschutzes lässt Banker kalt, schreckt aber Gewerkschaften
Um den Finanzplatz Frankfurt für Brexit-Jobs attraktiver zu machen, will die Bundesregierung den Kündigungsschutz für Banker mit einem Gehalt von über 234.000 Euro abbauen. Dies bekräftigte Kanzlerin Angela Merkel zuletzt im September bei einer Rede bei der Deutschen Börse in Frankfurt: „Ein sehr interessanter Sachverhalt ist die Frage des Kündigungsschutzes für eine bestimmte Gruppe von Menschen, die nicht mehr, sondern weniger Kündigungsschutz haben will. Auch dem werden wir entsprechen – damit hier keine Missverständnisse aufkommen: in diesem partiellen Bereich. An dieser Regelung wird auch bereits gearbeitet.“
Tatsächlich sieht der Koalitionsvertrag vor, den Kündigungsschutz für Risikoträger im Sinne der Institutsvergütungsverordnung dem von leitenden Angestellten gleichzusetzen. Betroffen sind aber nur Risikoträger „deren jährliche regelmäßige Grundvergütung das der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung überschreitet“, heißt es dort. Aktuell sind dies 234.000 Euro. Betroffen sind also nur die Risikoträger der Banken und nicht sämtliche Angestellte in dieser Gehaltsklasse. Draußen vor bleiben demnach auch die Boni, was die Zahl der Betroffenen weiter verringert.
Eben diese Einschränkung kritisiert ein leitender Investmentbanker einer angelsächsischen Großbank in Frankfurt. „Ich bin mir nicht sicher, ob das so durchkommt“, meint er unter dem Siegel der Anonymität. Denn die Regelung gelte nicht für sämtliche Angestellte mit einem Gehalt von über 234.000 Euro, sondern nur für Banker. „Das widerspricht m.E. dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes.“
Abgesehen davon hält der Investmentbanker die Verringerung des Kündigungsschutzes für Spitzenverdiener für sehr sinnvoll. „Bei einem so hohen Gehalt ist auch eine Prämie für das höhere Arbeitsplatzrisiko enthalten“, betont er. Bei seinem alten Arbeitgeber habe er miterleben müssen, wie bei einem Abbauprogramm Betroffene nur auf eine möglichst hohe Abfindung gewartet hätten, statt sich einen neuen Job zu suchen.
Darüber hinaus würde die Neuregelung die Übersiedlung hochbezahlter Jobs von London nach Frankfurt begünstigen. „Ich habe in London selbst von Kollegen gehört, wie wichtig die Einschränkung des Kündigungsschutzes aus ihrer Sicht ist.“
Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein da. „Ich glaube ein flexibleres Arbeitsrecht würde den Finanzstandort Frankfurt attraktiver machen“, erzählt ein Director einer europäischen Großbank in Frankfurt. „Darüber hinaus sehe ich für sehr gut verdienende Arbeitnehmer - egal in welcher Branche - generell geringere Schutzanforderungen.“
Bei den niedrigeren und mittleren Gehaltsstufen scheinen die Pläne hingegen kaum ein Thema zu sein. „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich bin wahrscheinlich noch zu junior“, erzählt ein Vice President einer ausländischen Investmentbank in Frankfurt.
Dagegen fürchten Arbeitnehmervertreter den Präzedenzcharakter einer solchen Regelung. „Das hört sich zunächst so an, als wenn nur sehr wenige Mitarbeiter von einer solchen Neuregelung betroffen wären“, heißt es aus Gewerkschaftskreisen. „Doch wenn wir damit anfangen, wo geht das dann weiter? Man macht mit einer solchen Regelung die Tür einen Spalt breit für einen generellen Abbau des Kündigungsschutzes in Deutschland auf“, wird kritisiert. „Eine Arbeitsplatzverlagerung von London nach Frankfurt wird sicher nicht daran scheitern. Und wir wissen noch gar nicht, wie viele Jobs verlagert werden. Wir geben also etwas auf, ohne dafür irgendeine konkrete Gegenleistung zu erhalten.“
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