Goldman Sachs erhält Wertpapierlizenz in Frankfurt und eröffnet Büros in Stockholm und Mailand
Während die britische Premierministerin Theresa May verzweifelt den Ausstiegsvertrag nachzuverhandeln versucht, schaffen die Banken Fakten. Ein weiterer Meilenstein ist jetzt Goldman Sachs gelungen. Vor einigen Tagen hat die Frankfurter Goldman Sachs Europe SE von der BaFin eine Wertpapierhandelslizenz erhalten. Damit steht zumindest aus rechtlicher Sicht dem Aufbau des Sales & Tradings nichts mehr im Wege.
Auch der Marienturm, das neue Domizil von Goldman Sachs, steht mittlerweile und es geht nur noch um den Innenausbau. Laut einer Sprecherin des zuständigen Immobilienentwicklers Pecan soll dieser bis zum Quartalsende und damit pünktlich zum Brexittermin am 29. März abgeschlossen sein. Der Umzug in den Marienturm soll dann laut Insidern bis zum dritten Quartal erfolgen. Bislang residiert die amerikanische Investment Bank mit 200 Leuten im Messeturm. Pecan zufolge hat Goldman Sachs etwa 10.000 Quadratmeter und damit ein Viertel der Gesamtbürofläche des Marienturms angemietet, was Platz für 700 bis 800 Mitarbeiter bietet – Goldman Sachs scheint also noch einiges vorzuhaben.
Kein Einzelfall. Die Einweihung der neuen Büros in Stockholm und Mailand steht ebenfalls kurz zuvor. Die dortigen Kapazitäten werden auf 100 bzw. 130 Leute beziffert. Das neue Büro in Dublin wurde bereits eröffnet und die bestehenden Niederlassungen in Paris und Madrid werden ausgebaut. Das kleine Büro in der irischen Hauptstadt zählt etwa ein Dutzend Mitarbeiter, die hauptsächlich im Asset Management und im Immobiliengeschäft tätig sind. Goldman Sachs will die Gelegenheit des Brexits nutzen, ihre Sales-Teams näher an ihre Kunden heranzurücken. Daher können sich diverse EU-Finanzplätze über neue Goldmänner und Frauen freuen. Die dafür erforderlichen Middle Office-Jobs dürften unterdessen nach Frankfurt gehen, wo die Bank auch ihre Lizenz hat.
Angesichts dieser Aktivitäten verwundert es, dass es bei den Neueinstellungen in Frankfurt nur langsam voranzugehen scheint. In Frankfurt scheinen im Januar bislang nur Thomas Koch als Regulatory Controller und Daniel Banovic als Liquidity Risk Manager angefangen zu haben. Derzeit sind in Frankfurt noch 16 Vakanzen ausgeschrieben.
Der Ausbau der Standorte in Kontinentaleuropa sollte in Großbritannien die Alarmglocken erschallen lassen, wo die Bank immerhin noch fast 6000 Mitarbeiter beschäftigt. Die durchschnittliche Gesamtvergütung von Goldman Sachs International in London beläuft sich immerhin auf etwa 400.000 Pfund (457.000 Euro). Damit dürfte der britische Fiskus allein von den 4700 Front Office-Beschäftigten etwa 830 Mio. Pfund (948 Mio. Euro) an Einkommenssteuern kassieren. Hinzu kommen noch die Steuern der etwa 1200 Back Office-Mitarbeiter.
Ein Geldsegen, über den sich sicherlich auch die Bundes- und die hessische Landesregierung freuen würden. Um den Weg der hochbezahlten Investmentbanker nach Frankfurt zu ebnen, will der Bundestag heute Abend den Kündigungsschutz für Risikoträger mit einem Bruttojahresgehalt von 234.000 Euro lockern, wie es in der Parlamentsvorlage heißt. Nach Vorstellung der Bundesregierung werden von der Lockerung keine 5000 Banker in Deutschland betroffen sein. Der starkte Kündigungsschutz für Spitzenbanker gilt als ein Haupthindernis bei der Jobverlagerung von London nach Frankfurt.
Bereits in der vergangenen Woche hatte Goldman Sachs-Chef David Solomon gesagt, der Brexit werde „einen Einfluss darauf haben, wo wir investieren und wo wir unsere Mitarbeiter ansiedeln.“ Doch vorerst scheinen die Mitarbeiter in Kontinentaleuropa zusätzlich zu denen in London eingestellt zu werden, denn auch in London plant die US-Bank neue Büroräume zu beziehen.
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