„Meine Freundin ist perfekt, aber ich will ein größeres Haus und ein Auto“: Wie sich die Zufriedenheit im Laufe der Karriere wandelt
Für junge Investmentbanker, die ihren Job nicht mögen, gibt es eine schlechte Nachricht: Es dürfte so schnell nicht besser werden. Wenn man der Statistik glaubt, wird es im Laufe der Karriere sogar schlimmer.
Dies ergibt zumindest eine neue Umfrage von eFinancialCareers zur Zufriedenheit der Beschäftigten in den Finanzdienstleistungen, an der weltweit fast 4000 Finanzprofis teilgenommen haben. Demnach scheint die Berufszufriedenheit der Finanzprofis von Anfang 20 bis Mitte 30 sogar abzunehmen. Allerdings verbessert sich gleichzeitig die Zufriedenheit mit dem Privatleben, wie der untenstehende Chart dokumentiert. Der Gipfel der beruflichen Zufriedenheit wird bereits zwischen Anfang und Mitte 20 erreicht. Anschließend sinkt der Wert der Zufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 10 sukzessive ab. Umgekehrt sind die 20- bis 25-jährigen nicht sonderlich zufrieden mit ihrem Privatleben, was sich in den Folgejahren bessert.
Doch woran liegt das? Die Kommentare zu der Umfrage geben hier einige Anhaltspunkte.
Bei den 20- bis 30-jährigen dreht sich anscheinend alles um den Beruf und sie orientieren sich an den Sprüchen des Arbeitgeberbrandings. „Große Chancen auf eine stetige Entwicklung“, sagt ein Junior aus New York. „Gutes Team, interessante Aufgaben und eine extrem steile Lernkurve“, kommentiert ein europäischer Investmentbanker. „Interessante Arbeit mit großartigen Leuten“, erzählt wiederum ein Junior von Lazard in London.
Unter den Berufseinsteigern wird viel über die gute Bezahlung und die stimulierende Arbeit gesprochen, obgleich es einige Pessimisten gibt, die über zu lange Arbeitszeiten, langweilige Tätigkeiten und sinnlose Aufgaben klagen. Die Chance hart mit anderen klugen Leuten zu arbeiten und dabei viel Geld zu verdienen, wiegt die Nachteile offenbar auf.
Doch im Laufe der Jahre wandelt sich die Einstellung.
Zwischen 25 und 30 scheinen die meisten Umfrageteilnehmer immer noch mit ihrer Bezahlung zufrieden zu sein. Dennoch klagen einige wortreicht über mangelnde Karriereentwicklung, traurigen Lebensstil und die Arbeitskultur.
„Die Arbeitszeiten sind lang. Ich arbeite über zwölf Stunden am Tag und es gibt kein natürliches Tageslicht… Das ist total deprimierend“, klagt ein Banker, der angeblich bei BNP Paribas in London arbeitet. „Die Arbeitszeiten fallen immer noch ziemlich lang aus“, berichtet ein Finanzprofi aus London. „Wir müssen Wochenenden und Feiertage arbeiten, bekommen einen mittelmäßigen Bonus, und eine Investmenteinstellung, die der Intuition widerspricht. Weiter wird die organisatorische Struktur immer unflexibler und die neuen Analysten sind immer unerfahrener und unreifer.“
In diesem Karriereabschnitt beginnt die Bedeutung der Bezahlung weiter anzusteigen. „Meine Freundin ist perfekt, aber ich will ein größeres Haus und ein größeres Auto“, erzählt ein Banker im Alter von 25 bis 30, der angeblich bei Wells Fargo arbeitet.
Sobald sie jedoch den 30. Geburtstag hinter sich haben, beginnen sie ihre Karrierewahl, den Mangel an Freizeit und die berufliche Unsicherheit zu hinterfragen. „Banking stellt nicht meine wirkliche Passion dar. Es handelt sich nur um einen Job, mit dem ich meine Rechnungen bezahle und mir etwas leisten kann“, sagt ein anderer, der lieber in der Sportbranche arbeiten würde. „Im Herzen bin ich Künstler“, meint ein Jurist aus New York. „Keine kreative Karriere zu haben, frisst meine Seele auf.“
Doch nach dem 35. Geburtstag scheint die Situation besser zu werden. Plötzlich stellen sie fest, dass Geld nicht alles ist. Sie verlieren das Interesse an ihrem Job, gleichzeitig steigt das Risiko, den Job zu verlieren. „Die Politik im Unternehmen ist schon ermüdend“, klagt ein Teilnehmer aus dieser Alterskohorte. „Es handelt sich um ein Hamsterrad mit viel Druck und um eine Branche mit einer schlechten Unternehmenskultur“, sagt ein anderer. „Jeden Tag habe ich den Eindruck, ich könne meinen Job verlieren“, klagt ein Banker von Citi. „Es herrscht die Kultur des ,Up or out‘ und Großbanken tendieren dazu, in einem Abschwung die Kosten zusammenzustreichen.“
Doch in der gleichen Altersklasse steigt langsam die Zufriedenheit mit dem Privatleben, obgleich einige immer noch angeben, erschöpft und einsam zu sein. Im Vergleich zu den jüngeren Umfrageteilnehmern gaben die meisten an, in einer guten Beziehung zu leben und Familie zu haben, was für die Arbeit kompensiere.
„Ich habe die globale Finanzkrise überlebt. Wer persönliches Glück nicht von der Arbeit trennen kann, der arbeitet in der falschen Branche“, kommentiert ein Portfoliomanager aus London.