Ich habe schon gesehen, wie Leute wegen Stress und Erschöpfung zusammengebrochen sind
Die Arbeit bei Banken kann schon stressig und anstrengend ausfallen. Die Vorgesetzten sind ebenso fordernd wie die Kunden. Beide beanspruchen stets ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Brancheneinsteigern erscheint dies oft als kaum machbar.
Als ich als Analyst im Handelssaal einer großen US-Bank angefangen habe, war mein Stresslevel immer hoch. Normalerweise arbeitete ich elf Stunden Trag, oft mehr und ich sah, wie der Lebensstil seinen Tribut bei meinen Freunden und Kollegen zollte. Mindestens zweimal im Jahr kam es vor, dass Leute ihre Bildschirme verließen und auf dem Flur zusammenbrachen. Das hat immer Panik ausgelöst; bis der Krankenwagen kam, haben wir uns um sie gekümmert. Regelmäßig kam es auch vor, dass die Leute ihre Computermäuse auf den Tisch schleuderten. Weiter kam es vor, dass jemand plötzlich einfach weg war.
Ich habe mich damit abgefunden. Doch rückblickend hätte ich sicherlich einige Sachen anders machen können, um mein Leben ein wenig leichter zu gestalten. Wenn heute ein junger Banker unter der Arbeitsbelastung zusammenzubrechen droht, dann empfehle ich ihm folgende Maßnahmen:
1. Schieben Sie nichts auf die lange Bank. Falls Sie ein Meeting zusammenfassen sollen, dann sollten Sie das sofort machen. Wenn Sie das unterlassen, steigt lediglich der Druck und beginnt Ihr Leben zu beherrschen.
2. Lassen Sie sich nicht von einem Meeting nach dem anderen erdrücken. Meetings schaffen Arbeit und jedes Meeting gebiert ein neues. Irgendwann hatte ich drei bis vier Meetings am Tag. Ich habe im Vertrieb gearbeitet, wo das ein Problem war. Ich konnte meinen Kunden nicht sofort antworten, weil ich immer an irgendeinem Meeting mit Kollegen teilnehmen musste, was für eine Menge Stress sorgte.
3. Wenn Sie Urlaub machen, dann richtig. Verabschieden Sie sich für zwei Wochen und checken Sie keine E-Mails. Sofern Sie nicht direkt von einem Kollegen kontaktiert werden, müssen Sie sich in Ihrem Urlaub komplett von Ihrer Arbeit lösen. Bevor Sie in den Urlaub aufbrechen, müssen Sie die Meldungsfunktion ausschalten, die jede neue E-Mail auslöst. Dabei haben Sie wenig zu verlieren. Falls Ihre Arbeit geschätzt wird, dann wird der Arbeitgeber nun schmerzlich feststellen, wie sehr Sie fehlen.
4. Nehmen Sie kein Smartphone mit in den Urlaub, auf dem Ihre beruflichen E-Mails eintreffen. Das stellt schon eine scharfe Maßnahme dar, aber sie funktioniert. Die Chancen stehen gut, dass Sie irgendwann eine E-Mail von ihrem Chef oder von Kollegen in den USA oder Asien erhalten. Wenn Sie Ihr berufliches Telefon zuhause lassen, werden Sie sie gar nicht erst lesen.
5. Trinken Sie weniger Kaffee. Als ich anfing, habe ich vier oder fünf Tassen Kaffee am Tag getrunken. Abgesehen von einem Kaffee am Morgen, werden die Kaffees im Tagesverlauf ihren Tribut zollen. Vor einigen Jahren habe ich den Kaffeekonsum völlig eingestellt. Das hätte ich schon viel früher tun sollen.
6. Besuchen Sie ein Fitnessstudio, das nahe bei Ihnen zuhause ist. Ich habe es geliebt, dass in unseren Büros ein Fitnessstudio angesiedelt war. Doch irgendwann erkannte ich, dass sich nach zwölf Stunden an meinem Arbeitsplatz ein, zwei weitere Stunden mit den gleichen Leuten verbrachte. Schließlich empfand ich es wesentlich entspannender, das Arbeitsumfeld vollständig zu verlassen und ein Fitnessstudio nahe bei mir zuhause zu besuchen.
7. Halten Sie an nichts fest, was Sie unglücklich und krank macht. Wenn Sie in Ihrem Job unglücklich sind, dann werden Sie früher oder später den Preis dafür zahlen und womöglich psychische Probleme bekommen. Das belastet nicht allein Sie, sondern auch Ihre Familie und Freunde. Das ist es einfach nicht wert.
Su Min ist ein Pseudonym.