Fünf Lehren der Khan-Affäre für die Credit Suisse-Mitarbeiter
Die Affäre um die angebliche Bespitzelung des ehemaligen Credit Suisse-Wealth Management-Chefs Iqbal Khan spitzt sich weiter zu. Laut dem Tages-Anzeiger soll es im Januar zwischen Khan und Konzernchef Tidjane Thiam in dessen Villa zu einem heftigen Streit gekommen sein. Nur wenig später hatte Khan bei der Credit Suisse gekündigt und wird zum 1. Oktober als neuer Chef des UBS-Wealth Managements anfangen.
Am Dienstag vor einer Woche fuhr Khan angeblich in die Zürcher Innenstadt und bemerkte, wie er von einem Auto verfolgt wurde. Er hielt an und registrierte, wie er von jemandem beobachtet wurde. Als er Auto und Mann fotografieren wollte, kam es mit dem Mann zu einer Auseinandersetzung.
Nachdem sich der ehemalige Credit Suisse-Angestellte an die Polizei gewandt hatte, gab die Credit Suisse angeblich zu, eine Detektei beauftragt zu haben. Was genau bei dem Zusammenstoß geschah, ist umstritten. Die Credit Suise wollte hierzu keine Stellungnahme abgeben, so lange das Ergebnis der internen Untersuchung nicht vorliegt.
Bei der Beschattung scheint einiges schiefgelaufen zu sein. Denn eigentlich gilt in der Branche „Sicherheit vor Ergebnis“. Die Aufdeckung der Beschattung ist somit der Worst Case, wie der Chef der Wirtschaftskanzlei Kocks Manfred Lotze in Düsseldorf erläuterte.
Doch welche Folgen könnte die Affäre auf die normalen Mitarbeiter haben?
Bespitzelte Mitarbeiter haben schlechte Karten
Ein Betroffener hat eigentlich keine Chance, rechtlich etwas dagegen zu unternehmen. „Im öffentlichen Raum darf jeder hinter Ihnen hinterherlaufen und Fotos von Ihnen schießen“, erläutert Rechtsanwalt Peter Groll von Groll & Partner in Frankfurt. „Selbst wenn Sie die Polizei rufen, muss diese in den meisten Fällen wieder abziehen, weil sie keinerlei rechtliche Handhabe hat.“
Nach Grolls Erfahrung lassen Arbeitgeber meist Mitarbeiter von Detektiven bespitzeln, wenn es um den Verdacht einer Tätigkeit für die Konkurrenz geht. „Es geht sogar noch weiter: Wenn sich der Verdacht bewahrheitet, kann der Mitarbeiter u.U. sogar schadenersatzpflichtig sein und muss die Detektiv-Gebühren übernehmen.“
Da eine Beschattung meistens diverse Mitarbeiter und Fahrzeuge über eine länger Zeit erfordere, könnten diese Kosten schnell beträchtliche Höhen erreichen. „Ich hatte schon einen Fall, da ging es um Detektivkosten von 170.000 Euro“, erinnert sich Groll.
Die Zeit Tidjane Thiams läuft dennoch ab
Selbst falls Khan nichts Rechtliches gegen seinen alten Arbeitgeber in der Hand haben sollte, könnte sich die Affäre zu einen Imageschaden sondergleichen ausweiten. Sollten sich Khans Anschuldigungen bewahrheiten, wäre Thiam kaum noch an der Spitze der Credit Suisse zu halten. Das Image der seriösen Schweizer Bank wäre dahin.
Dabei fällt die Bilanz von Thiams vierjähriger Amtszeit eher bescheiden aus. Während die Credit Suisse im ersten Halbjahr 2015, nach dem Thiam den Chefposten übernahm, noch Erträge von 13,6 Mrd. Franken verzeichnete, waren es im ersten Halbjahr 2019 keine 11 Mrd. Franken. Der Vorsteuergewinn purzelte von 3,2 auf 2,4 Mrd. Franken und die Aufwands-Ertrags-Quote stieg von 72,5 auf 77,5 Prozent. Das langjährige Sparprogramm scheint sich also kaum ausbezahlt zu haben.
Neuer Chef neue Strategie
Der Stress, mit dem viele Mitarbeiter während der Restrukturierung unter Thiam zu kämpfen hatten, dürfte weitergehen. Denn mit jedem neuen Vorstandsvorsitzenden ist regelmäßig ein neuer Strategieschwenk verbunden. Im Falle der Credit Suisse dürfte dies auf ein erneutes Sparprogramm hinauslaufen.
Bedroht von einem solchen wären vor allem diejenigen Geschäftsbereiche, deren Kostenquote über einem akzeptablen Wert von 70 Prozent liegen. Dies wären vor allem Investment Banking & Capital Markets mit einer Kostenquote von 109,6 Prozent, Global Markets mit 78,4 Prozent und Asia Pacific mit 75,3 Prozent
Durchaus Chancen für Investment Banker
Obgleich die Kosten gegen das Investment Banking sprechen, könnte ein neuer Chef doch für eine Überraschung sorgen. So hatte die Sparte unter Thiams Vorgänger Brady Dougan noch eine starke Stellung. Der ehemalige Investmentbanker Dougan hielt seine schützende Hand über die Sparte, während Erzrivale UBS schon einen Strategieschwenk einleitete und das bislang umfangreiche Fixed Income-Geschäft weitgehend aufgab. Mit Thiams Ernennung erhielt dann das Wealth Management Priorität.
Schweizer fein heraus
Da die Schweizer Sparten wie die Swiss Universal Bank am effizientesten aufgestellt sind, dürften sich hier die negativen Auswirkungen eines Vorstandswechsel in Grenzen halten. Vielleicht würde der neue Vorstandschef nach der Ära von Dougan und Thiam wieder aus der Schweiz kommen. Bei der UBS war es ja mit Sergio Ermotti auch möglich.
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