Ich bin Headhunter, die Zahlungsmoral der Banken ist schlecht
Ich bin Headhunter und arbeite in London für die führenden Banken und Boutiquen aus dem Finanzsektor, wobei ich recht erfolgreich bin. Besser gesagt ich wäre es, wenn meine Kunden ihre Rechnungen pünktlicher bezahlen würden.
Derzeit stehen bei mir mehrere große Institute mit rund 150.000 Pfund in der Kreide – die meisten davon dürften die Leser dieser Seite kennen. Zwar wurde mir zugesichert, dass die offenen Rechnungen irgendwann beglichen werden, die Frage ist allerdings wann? In der Zwischenzeit verlangen sie von mir auf ihren Befehl hin durch jeden Reifen zu springen, ohne dass ich dafür endlich bezahlt würde.
Mit diesem Problem stehe ich nicht allein da. Vielmehr kenne ich eine ganze Reihe von Unternehmen mit ähnlichen Problemen. Großbanken haben eine schlechte Zahlungsmoral und es ist an der Zeit, dass jemand das einmal ausspricht.
In Großbritannien ist ein Zahlungsziel von 30 Tagen üblich. Doch einige der größten Banken haben sich angewöhnt, ihre Rechnungen erst nach drei oder vier Monaten zu bezahlen. Dabei scheint es sich um eines ihrer Standardreglements zu handeln. Eine große, bekannte europäische Bank ließ mich sogar ein halbes Jahr warten. Ein anderer Kunde hat mir erzählt, dass die späte Bezahlung von Rechnungen bei ihnen ein regelmäßiges Problem sei, das ihn beschäme.
Bei vielen Personalberatern und Headhuntern handelt es sich um kleine Unternehmen. Banken sollten Verständnis für unsere Schwierigkeiten aufbringen. Wir versuchen ein partnerschaftliches Verhältnis aufzubauen, wobei wir die bestmöglichen Talente zur Verfügung stellen, was aber immer häufiger in einer Bürokratieflut untergeht. Das sorgt für Liquiditätsprobleme und Stress. Ich kenne sogar einen meiner Wettbewerber, der die offenen Rechnungen seinem Rechtsanwalt übergeben hat. Weiter kenne ich einen Inhouse-Recruiter, der mir erzählte, dass unsere Rechnungen absichtlich ans untere Ende des Stapels wandern.
Die Sorgen können sogar zu Problemen daheim führen; es hat beispielsweise zu meiner Scheidung beigetragen.
Doch nicht alle Unternehmen haben eine schlechte Zahlungsmoral. Die Daumenregel lautet: Je kleiner ein Unternehmen ist, desto pünktlicher geht die Zahlung ein. Daher arbeite ich auch lieber für Boutiquen. Und ich kenne eine Menge Personalberater, die das ähnlich sehen.
Bei Graham Jones handelt es sich um ein Pseudonym.