Coronavirus-Reiseverbot könnte leitende Banker ihren Mythos kosten
Das Coronavirus könnte Banken dabei helfen, einen Batzen an Reisekosten sparen. Bislang hat nur JPMorgan beschlossen, sämtliche nicht-essenzielle Reisen abzusagen, doch andere dürften sehr wahrscheinlich nachziehen, und sei es nur um zu vermeiden, dass einer ihrer vielreisenden Banker einen wichtigen Kunden mit dem Virus ansteckt – ein beträchtliches Reputationsrisiko.
Banken machen ihre Reisekosten nicht öffentlich, doch sie sind hoch. Ein MD der Deutschen Bank soll 2018 allein 40.000 $ für Taxifahrten ausgegeben haben. Die leitenden Investmentbanker der Deutschen Bank in London sollen dem Vernehmen nach binnen 12 Monaten 22 Millionen € an Reisekosten angehäuft haben. Reisekosten zu senken ist aus finanzieller Sicht sinnvoll, vor allem wenn es wegen der allgemeinen Unsicherheit ohnehin nicht zu Vertragsabschlüssen kommt.
Managing Directors im Bereich M&A sind normalerweise ständig unterwegs, besuchen Kunden und stoßen Deals an. Wird ihnen nun das Reisen untersagt, könnte das durchaus Risiken mit sich bringen. Die meisten geben an, Kontakt zum Kunden nun per Videokonferenz zu pflegen, und doch ist es nicht dasselbe – insbesondere in einem Umfeld, in dem Kunden mit Samthandschuhen davon überzeugt werden müssen, dass alles gut werden wird.
Gleichzeitig sind weder Banken noch jüngere Kollegen darauf eingestellt, ihre verschwendungs-freudigen Managing Directors, die normalerweise immer unterwegs sind, plötzlich vor Ort zu haben. Es gibt weniger Eck-Büros, mehr Springer-Plätze und (in der Theorie) kleinere Egos bei Büromenschen als früher. Neben einem gestressten MD zu sitzen, die/der ihre/seine Ziele nicht erreicht und normalerweise mehr mit CEOs und CFOs als mit Teammitgliedern interagiert, wird wenig erfreulich sein.
Es könnte zudem eine gewisse Entzauberung eintreten, wenn klar wird, dass leitende Banker keine Mythen-Gestalten mit Gucci-Koffern sind, sondern 55-jährige mit tiefen Augenringen, die um 17 Uhr Feierabend machen. Ein leitender Banker sagt, das Reiseverbot könne dazu führen, mittelmäßige MDs zu entlarven und den Abbau eines aufgeblähten Personalapparats in Spitzenpositionen beschleunigen. „Angst haben müssen vor allem zwei Gattungen: Leute im mittleren Management, die keine belastbaren Kundenbeziehungen oder Produktexpertise haben, und Kundenbetreuer, deren schwache Vernetzung auffliegt, wenn sie nicht mehr ständig unterwegs sind.“
Er sagt, dass man sich von vielreisenden Bankern schon längst hätte trennen sollen. „Früher, als es weit weniger Bürokratie gab und die Fixkosten niedriger waren, wäre es undenkbar gewesen, dass ein wenig erfolgreicher Kundenberater sich bis zur Rente durchwieselt, indem er jede Menge Call Reports einreicht, die zwar die Bürokratie befriedigen, aber kein Geschäft generieren.“ Was er als noch schlimmer ansieht: Der Aufstieg von „bürokratischen Managern mit Excel-Tabellen, die an Kundenmeetings teilnehmen wollen, um ein Gefühl für den Markt zu bekommen“, und in der Folge von sich behaupten können, Kundenbeziehungen zu unterhalten und große Mandanten gewonnen zu haben. Banken versuchen seit Langem schon, das Tun ihrer Mitarbeiter durch Monitoringsysteme und festgeschrienene Ziele für Kunden-Meetings im Blick zu behalten. Dass sie nun eine Weile vor Ort sind, dürfte dies erleichtern.
Für junge Banker könnte das Reiseverbot Vorteile haben. Sie werden nun weniger Zeit an Angeboten arbeiten, die nie umgesetzt werden. Im besten Fall könnte es sogar für sieben Stunden Schlaf reichen.
Wenn die Epidemie/Pandemie vorbei ist, könnten Banken die verminderte Reisetätigkeit dazu nutzen, ihre Ökobilanz aufzubessern. Letztes Jahr verursachten Mitarbeiter-Flugreisen bei JPMorgan 176.356 Tonnen CO2, was 263.000 Flügen von London nach New York in der Economy-Class entspricht. 2020 könnte sich JPMorgan damit brüsten, deutlich weniger Emissionen zu verursachen. Sollte es in einem ähnlichen Tempo weiter gehen, könnte es in Zukunft jedoch ganz generell weniger Banker geben – und damit auch weniger CO2-Emissionen.
Have a confidential story, tip, or comment you’d like to share? Contact: sbutcher@efinancialcareers.com in the first instance. Whatsapp/Signal/Telegram also available. Bear with us if you leave a comment at the bottom of this article: all our comments are moderated by human beings. Sometimes these humans might be asleep, or away from their desks, so it may take a while for your comment to appear. Eventually it will – unless it’s offensive or libelous (in which case it won’t.)