Bloßgestellt vom Chef in Unterhose: Jetzt kommt die Retourkutsche
Irgendwo in London sitzt ein langgedienter Aktienbanker – vielleicht schon im Ruhestand. Er hat ein Haus auf dem Land (und dort möglicherweise den Lockdown verbracht). Und er legte ein interessantes Power Play an den Tag: Jeweils Freitagnachmittags versammelte er junge Mitarbeiter in seinem Büro, ließ sie über die abgelaufene Woche berichten – und zog sich dabei aus. Sacko, Krawatte, Hemd, Hose, bis er nur noch in Socken und pinken Boxershorts dasaß. Gut vorstellbar, dass er durchtrainiert war und (männliche) Analysten mit seinen Muckis einschüchtern wollte. Während er seine Mitarbeiter ins Kreuzverhör nahm, schlüpfte er in Freizeitkleidung und verabschiedete sich in sein Landhaus.
Szenen wie diese dürften sich vor zehn Jahren in der Londoner City zuhauf abgespielt haben – diese allerdings hat Kondrad Kay erlebt, der damals 23 Jahre alt war und als Equities Salesman im Bankenviertel Canary Wharf arbeitete. Kay selbst macht keine näheren Angaben – laut FCA Register war er allerdings von 2010 bis 2013 bei Morgan Stanley tätig.
Anschließend beschloss er – wie viele Mitzwanziger – dem Banking den Rücken zu kehren. Doch Kay ging nicht in den Bereich Private Equity, Corporate Development oder Consulting, er ging nicht zu einem Hedgefonds oder in den Venture-Capital-Sektor, sondern machte Karriere als Drehbuchautor.
Kay ist einer der beiden Autoren der neuen TV-Serie „Industry“, die von BBC und HBO produziert wird und letzte Woche in den USA angelaufen ist. Lena Dunham führt Regie und versprochen wird eine Investmentbanking-Variante von „Mad Men“ – die Serie wird beschrieben als „schlüpfriges Drama um einen jungen Banker“, als „tagsüber Banker, nachts wird gebumst“ – einige finden sie jedoch eher langweilig. So schreibt ein Kritiker von „klobigen Computern, greller Beleuchtung, die alles gräulich erscheinen lässt und von im Hintergrund ständig klingelnden Telefonen“, die das Banking als eine recht verkrampfte und verschwitzte Angelegenheit darstellen.
Natürlich gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass „Industry“ etwas mit den Geschehnissen bei Morgan Stanley zu tun hat. Ob die Szene mit dem Chef in Unterwäsche in der Serie vorkommt, ist unklar (Kay erwähnte sie vor Kurzem im Gespräch mit einem Journalisten).
Auch Mitdrehbuchautor Mickey Down hat Berufserfahrung im Banking gesammelt – in einem ruhigeren, intellektuelleren Bereich. Unklar ist, wo genau er war – die Gerüchteküche in der Branche dürfte heißlaufen. Wer also selbst im Banking tätig war und gern abrechnen will mit allen und allem, was einen gestört hat, der sollte eine erfolgreiche Fernsehserie schreiben – möglichst eine, die auf beiden Seiten des Atlantiks ausgestrahlt wird. Zugegebenermaßen haben dies schon viele probiert, doch Kay ist es gelungen. Wer vor zehn Jahren im Banking war, sollte sich die Serie vielleicht zu Gemüte führen.
Have a confidential story, tip, or comment you’d like to share? Contact: sbutcher@efinancialcareers.com in the first instance. Whatsapp/Signal/Telegram also available.
Bear with us if you leave a comment at the bottom of this article: all our comments are moderated by human beings. Sometimes these humans might be asleep, or away from their desks, so it may take a while for your comment to appear. Eventually it will – unless it’s offensive or libelous (in which case it won’t.)