„Junior-Banker von heute haben ein Motivations-Problem“
Die Quelle scheint zu versiegen. Der stete Zulauf an materiell orientierten Nachwuchstalenten, die von renommierten Unis aus an die Wall Street gehen, gerät ins Stocken – und ich bin überzeugt davon, dass das für Banken in Zukunft ein echtes Problem wird.
Ich habe über 20 Jahre als Trader bei einer führenden Investmentbank in der Londoner City und an der Wall Street verbracht und bin mittlerweile auf die Käufer-Seite gewechselt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie Nachwuchsbanker früher waren und wie sie heute sind – nämlich komplett anders.
In meiner Generation ging es darum, möglichst viel zu verdienen und Vermögen zu bilden. Wir haben unseren Selbstwert daran bemessen, wie viele Mitarbeiter wir unter uns hatten. Es ging um immer neue Jachten, immer neue Autos. In den Büros in London lasen alle die Zeitschrift „Country Life“, die Wochenendhäuser in den Cotswolds waren ständig Thema. In New York ging es um Häuser auf Long Island. Es wurde ständig mit Argusaugen beobachtet, was andere um einen herum besaßen – und wer sein Team an Weihnachten zum Umtrunk ins eigene Wochenendhaus einlud, hatte es geschafft. Dort wurden die dann die Garagentore automatisch geöffnet und in der Einfahrt wartete der ein oder andere Porsche auf.
Heute geht es sehr viel weniger Leuten um solche Dinge. Es hat eine Veränderung stattgefunden. Heute bemisst man den eigenen Selbstwert nicht mehr daran, ob er Kontostand 7-stellig ist. Heute geht es nicht mehr darum, den „net worth“ zu beziffern, sondern um den sozialen und ökologischen Fußabdruck. Das Gefühl, etwas erreicht zu haben, bezieht man eher aus positivem Feedback zu einem Instagram-Post.
Das alles hinterlässt Spuren: Ein Freund von mir, der langjähriger Banker ist, berichtet, dass es in seinem Team Motivationsprobleme gibt. Geld zu verdienen ist nicht mehr das große Ziel im Leben. Junge Mitarbeiter wollen nicht mehr 100 Stunden pro Woche arbeiten und eine Million $ verdienen, sondern stattdessen Zeit haben, mittags mit ihrem Hund rauszugehen.
Schon jetzt gibt es Spannungen – und diese werden sich weiter verschärfen. Und aus diesem Grund wäre es wichtig ist, dass die Leute jetzt wieder zurück in die Büros kommen: Wenn Leute zusammen sind und es einige gibt, die sich über das definieren, was sie verdienen, steckt das die anderen an. Wenn allerdings alle im Home Office sind, stellt sich schnell die Frage, ob man eigentlich zu viel Zeit mit Arbeiten verbringt. Der Bann des Geldes ist gebrochen – und für Banken, die eine ganze Generation lang darauf gebaut haben, ist das ein Problem.
Tom Wallace (Pseudonym) war Head of Trading bei einer großen Bank in New York City.
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