Deutsche Bank sucht „nette Leute“ und eifert Goldman Sachs nach
Bei der Deutschen Bank ist einiges im Wandel. Die Rolle der am meisten kränkelnden Bank hat man an die Credit Suisse abgegeben und die Deutsche Bank sonnt sich in einer medialen Berichterstattung, in der ihre bemerkenswerte Verjüngung thematisiert wird. Einiges davon stammt von uns, anderes aus anderen Medien.
Jüngstes Beispiel ist ein Bericht in Euromoney – das Medium hatte gesprochen mit Fabrizio Campelli, dem neu ernannten Head der Corporate and Investment Bank der Deutschen Bank in London, Mark Fedorcik, dem in New York ansässigen Head der Investment Banking Division, und Ram Nayak, dem Head of Fixed Income and Currency Trading bei der Deutschen Bank.
Die drei Genannten zeichnen ein strahlendes Bild eines Geschäfts, das sich wirklich wandelt – und zwar nicht nur mit Blick auf die herausragenden Erträge und Gewinne dieses Jahr (die Einnahmen in den Bereichen Origination und Advisory sind in den letzten vier Quartalen um 24 Prozent höher als in den vier Quartalen zuvor und auch die Einnahmen aus dem Bereich Fixed Income sind um 10 Prozent gestiegen). Fedorcik, der genau beobachtet, welche Kunden von seinen Managing Directors und Directors angerufen werden, berichtet, dass die Führungskräfte der Deutschen Bank im ersten Quartal 2021 50 Prozent mehr Anrufe getätigt haben als ein Jahr zuvor: „Wenn Sie sich beim Kunden nicht melden, dann macht es die Konkurrenz“, erklärt er. Die ausufernden Computersysteme im Middle- und Back Office der Deutschen Bank werden verschlankt. Es gibt eine neue Konsistenz (des Managements), Klarheit (der Strategie) und Intensität (im Sinne der Konzentration auf die Kunden).
Parallel zu all dem hat die Deutsche Bank alle Hände voll damit zu tun, neue Berater-Banker einzustellen – gesucht werden explizit keine Banker der alten Schule, sondern solche, die angenehm sind. „Wir wollen nicht mit Leuten arbeiten, die eine schlechte Kultur verkörpern, egal, wie produktiv sie sind“, so Drew Goldman, Global Head of Investment Banking Coverage and Advisory bei der Deutschen Bank in New York. „Wir wollen keine Leute, die jüngeren Beschäftigten gegenüber respektlos sind, das ist einfach nicht akzeptabel.“
Wie Goldman Sachs versucht auch die Deutsche Bank jetzt, ihr Gewinnstreben langfristig auszulegen. Auch wenn Fedorcik Woche für Woche die Kundenanrufe seiner Banker überwacht, macht er keine Schuldzuweisungen, wenn Deals nicht zustande kommen. „Ich denke dann nicht sofort, dass unsere Leute faul waren.“ Ein ähnlicher Ansatz wird im Fixed Income Sales and Trading verfolgt: Nayank erklärt, dass er die Denkweise der Trader verändern wolle – weg von episodischen strukturierten Produkten, die für sich genommen profitabel sein müssen, hin zu einem langfristigen Flow und der Vorstellung, dass die Trader der Deutschen Bank langfristig hervorragende Geschäftspartner sind, auch wenn einzelne Geschäfte nicht ganz so gewinnträchtig sind.
Ähnliches war auch bei Goldman Sachs zu beobachten, allerdings schon vor einer Weile. Unter dem ehemaligen Partner und Head of Fixed Income Sales Tom Cornaccia hatte die Bank Trader und Sales-Mitarbeitende von 2016 an dazu angehalten, weniger an einzelne Transaktionen und mehr an langfristige Kundenbeziehungen zu denken. Als Goldman-Sachs-Chef David Solomon 2018 die Führung übernahm, setzte er diese Neuausrichtung fort: Weg von strukturierten Produkten und hin zum Flow.
Dass die Deutsche Bank nun Goldman Sachs nacheifert, zeigt, dass sie gleich mehrere Jahre aufzuholen hat…