Warum hängen Junior-Banker sich so rein?
Jeder weiß, dass junge Banker viel arbeiten. In einer Welt, in der ein Job als Analyst oder Associate mit 80-Stunden-Wochen verbunden wird, kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass Jung-Banker überarbeitet sind.
Die eigentliche Frage ist, warum das so ist. Wenn 100 Junior-Angestellte in den Investmentbanking-Divisions 90 Stunden pro Woche arbeiten, warum stellt man nicht 200 ein, die dann alle eine 45-Stunden-Woche hätten? Wir haben diese Frage einer Auswahl an Junior- und Senior-Bankern und Recruitern gestellt. Hier sind ihre Antworten.
Doppelt so viele Jung-Banker würden nur halb so viel verdienen
Die Idee, mehr Nachwuchskräfte einzustellen oder einige von ihnen weniger gut zu bezahlen, ist bei den Banken durchaus registriert worden. Zuletzt haben verschiedene Banken begonnen, die Zahl ihrer Junior-Mitarbeitenden zu erhöhen. Zudem eröffnet Citi einen neuen Hub in Málaga, wo Analysten tätig sind, die – bei niedrigerer Vergütung – weniger lang arbeiten wollen.
Recruiter sagen allerdings, dass es Gründe dafür gibt, dass die meisten Banken die Zahl ihrer Nachwuchskräfte nicht verdoppeln und die Gehälter kürzen. „Wenn Sie doppelt so viele Junior-Analysten hätten, könnte man diesen nur halb so hohe Gehälter zahlen“, sagt der Chef einer Personalvermittlungsfirma in London. „Und wenn Sie Hochschulabsolventen 50.000 Pfund im Jahr bezahlen, bekommen Sie damit nicht dieselbe Qualität an Leuten. Die meisten entscheiden sich wegen dem Geld fürs Banking.“
Eine Halbierung der Gehälter wäre vielleicht möglich, wenn alle Banken dies zum selben Zeitpunkt tun würden, was aber nicht passieren wird. „Es mag sein, dass Sie all diese wirklich engagierten und motivierten jungen Leute haben, die 40 statt 80 Stunden pro Woche arbeiten und 50.000 statt 100.000 Pfund verdienen würden, aber sobald eine Bank 100.000 Pfund zahlt, würden sie alle dorthin gehen“, prognostiziert Andrew Pringle, Managing Director der Recruiting-Agentur Circle Square.
Die Arbeit ist sehr kleinteilig und die Bank wird für vieles nicht bezahlt
Die Art der Arbeitsabläufe im M&A verlangt nach schlanken Deal-Teams.
„Das ist ein sehr unbeständiges Geschäft“, erklärt einer, der als M&A-Associate bei einer europäischen Bank arbeitet, „manchmal gibt es ganz plötzlich viel zu tun und manchmal nicht.“ Gerade dieses Jahr wird dies den Banken bewusst.
Während Deals durchgeführt werden, verbringen Junior-Banker einen Großteil ihrer Zeit damit, Marketing-Pitch-Books für Deals anzufertigen, die vielleicht nie zustande kommen (und an denen die Bank entsprechend auch nichts verdient). „Man muss pitchen, pitchen, pitchen, pitchen“, so Pringle. „Die Kunden wenden sich an mehr Banken als früher, sodass die Chancen, den Pitch zu gewinnen, sinken.“
Die meisten Banken haben nach Möglichkeiten gesucht, den Personalaufwand für Pitch-Books zu senken, indem standardisierte Templates eingeführt wurden. Dies führt jedoch nicht dazu, dass Junioren weniger arbeiten, sondern dazu, dass freiwerdende Kapazitäten schlicht für die Teilnahme an noch mehr Pitches genutzt werden.
Banken wollen keine „9-to-5“ (oder „8-to-8“)-Kultur fördern
Es hat auch kulturelle Gründe, warum Banken ihre Junioren hart arbeiten lassen. „Es geht darum, effizient und schlank zu sein“, so der zitierte Recruiter. „Sie wollen lieber eine Person, die bis zum Umfallen arbeitet, als zwei, die früh Feierabend machen. Sie wollen nicht, dass sich eine ‚8-bis-20-Uhr-Mentalität‘ ausbreitet.“
Kunden wollen immer mit der gleichen Person zu tun haben
Die Kunden sind ein wichtiger Faktor. „Die gängige Praxis bei Bulge-Bracket-Banken und Boutique-Beratungshäusern ist es, schlanke Teams zu haben, die es dem Einzelnen ermöglichen, einen konstanteren Kontakt mit dem Kunden zu pflegen“, berichtet ein Analyst. „Die Arbeit wird vom Kunden bestimmt, und es ist sinnvoll, ihn zufrieden zu stellen!“
Deals sind komplex und es wäre ineffizient, wenn Dokumente zwischen mehreren Analysten zirkulieren
Ein anderer Analyst meint, dass es einfach sinnvoll ist, wenn nur einige wenige Personen an der Deal-Dokumentation arbeiten. „Ich weiß, wo alle Dokumente sind, und es wäre zeitaufwändig, sie an einen Kollegen zu übergeben“, sagt er. „Und selbst wenn man die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen würde, würde die Kommunikation innerhalb des Teams Zeit kosten.“
Die Arbeit in einem „leanen“ Deal-Team ist eine gute Vorbereitung auf die Zukunft
Wenn du als Analyst in einem kleinen Team arbeitest, bist du hoffentlich an vielen Live-Deals beteiligt. Das ist eine gute Sache. „Die Arbeit in einem ‚leanen‘ Deal-Team gibt dir die Möglichkeit, Erfahrung mit Deals zu sammeln“, meint ein Analyst. „Das erleichtert es, in höhere Positionen aufzusteigen, in denen man dann den Deal wirklich betreut.“
Doppelt so viele Junioren zu schulen und einzuarbeiten, wäre zeitaufwändig – zumal die meisten von ihnen bald schon gehen müssen
Ein erfahrener M&A-Banker sagt, dass es sehr zeitaufwändig wäre, doppelt so viele Hochschulabsolventen als Analysten einzuarbeiten.
Ganz konkret sagt er, dass es Zeitverschwendung wäre: Die Banken müssten alle zusätzlichen Analysten nach ein paar Jahren wieder loswerden. „Banken sind Pyramiden“, meint er. „Es gibt immer viel mehr Leute auf Analysten- und Associate-Positionen als auf VP-, Director- und Managing-Director-Ebene.“ Mit anderen Worten, die gesamte Struktur der Banken müsste sich ändern: Entweder man stellt Junioren ein, die nie aufsteigen, oder man hat mehr Mitarbeitende auf allen Ebenen der Bank – oder man muss die zusätzlichen Junioren nach ein paar Jahren entlassen.
Die Personalgewinnung hat einen enormen Vorlauf und es ist schwer, kurzfristig gute Leute zu finden
Ein Analyst betont, dass Banken sich schwer damit tun, Personalbedarfe im M&A kurzfristig zu decken. Wenn das M&A-Auftragsvolumen plötzlich anschwillt (wie im vergangenen Jahr), ist es schwer für Banken, schnell zusätzliche Mitarbeitende zu finden.
Die Personalgewinnung findet typischerweise spät im Wirtschaftszyklus statt und Banken stellen erst dann ein, wenn die Aufträge schon da sind, anstatt schon vorsorglich Leute an Bord zu holen“, so ein Analyst. Theoretisch könnten Banken in heißen Phasen die Arbeit von Junioren outsourcen oder ins Ausland verlagern – und das findet auch statt, wie man am Beispiel von Goldman Sachs sieht, die immer mehr Arbeiten nach Mumbai auslagern. Tatsächlich berichten Analysten in London allerdings, dass Arbeit, die ins Ausland verlagert wurde, in teilweise zweifelhafter Qualität erledigt wird. „Junior-Banker sind häufig näher dran an der Situation und sind daher besser in der Lage, die erforderlichen ästhetischen und technischen Belange zu erfüllen.“
Günstige Nachwuchskräfte zählen genauso viel wie teure Führungskräfte, wenn der „Personalbestand“ auf den Prüfstand kommt
Zu guter Letzt wollen die Banken nicht doppelt so viele Nachwuchskräfte einstellen, weil sie (meist) Personal abbauen. Und auch wenn Junioren vergleichsweise günstig sind, ist Personalbestand gleich Personalbestand. „Wenn Banken ihre Kosten senken wollen, zählen Analysten genauso viel wie Managing Directors“, so ein erfahrener Banker. „Auch wenn das vermutlich nicht so sein sollte.“