Was die Aktienhausse für den Schweizer Arbeitsmarkt bedeutet
Eigentlich müssten bei Schweizer Wealth und Asset Managern die Champagnerkorken knallen. Denn die Aktienhausse hat jetzt auch die Schweiz erreicht. Allein von Jahresbeginn bis zum gestrigen Mittwoch (15. Mai) legte der SMI um 21,9 Prozent auf 8313 Punkte zu. Dagegen kletterte der Dow Jones „nur“ um 16,6 Prozent auf 15.276 und der Dax um 9,9 Prozent auf 8362 Punkte. Während Dow und Dax bereits ihr Allzeithoch erreicht haben, liegt diese Marke beim SMI mit 9033 Punkten noch in weiter Ferne. Da sich die Erträge von Wealth und Asset Managern maßgeblich an den verwalteten Kundenvermögen bemessen, müssten die Gewinne eigentlich wieder sprudeln.
Höhere Handelsvolumen würden Erträge noch kräftiger sprudeln lassen
Dies bestätigt auch Bankenanalyst Andreas Brun von der Zürcher Kantonalbank (ZKB): „Grundsätzlich ist es schon so, dass die Assets under Management die Grundlage für die Erträge darstellen.“ Brun rechnet vor, dass rund zwei Drittel der Erträge volumenbasiert und stabil sind, während ein Drittel transaktionsorientiert sind, d.h. aus Kundentransaktionen im Wechselkursgeschäft und im Wertschriftentrading stammen. „Wenn die Vermögen aufgrund der Marktperformance steigen, dann bringt das auch mehr Geld, ohne dass hierfür ein Mehraufwand anfällt“, ergänzt Brun. Bei einer Privatbank wie Julius Bär entfielen rund ein Drittel der verwalteten Kundenvermögen auf Aktien, Aktienfonds und ähnliche Wertpapiere, 60 Prozent auf Anleihen, Geldmarktprodukte usf. sowie weniger als 10 Prozent auf andere Anlageklassen. Entsprechend dürfte das Wealth Management an der Aktienhausse mitverdienen.
Allerdings gibt Brun auch ein wenig Wasser in den Wein. Laut den Analysen der ZKB hätten die Transaktionsvolumen seit der Finanzkrise kontinuierlich abgenommen. Der Tiefpunkt sei im vergangenen Dezember erreicht worden. „Erst im Januar haben wir einen Turnaround von einem sehr niedrigen Niveau beobachtet“, ergänzt Brun. Die Erträge hätten sich im ersten Quartal auch verbessert. Allerdings handle es sich dabei auch saisonal bedingt um das Quartal mit den meisten Transaktionen. Brun hofft indes, dass aufgrund der Aktienhausse das Vertrauen der Anleger zurückkehrt und die Handelsvolumen wieder zulegen. „Dann würden die Erträge noch steiler steigen“, erläutert der Aktienanalyst.
Aktienhausse kommt noch nicht auf dem Arbeitsmarkt an...
Doch kommen die wieder steigenden Erträge auch auf dem Arbeitsmarkt für Finanzprofis an? Headhunter Stefan Bächer von Guggenbühl, Bächer, Niederer & Partner in Zürich beobachtet keine wachsende Personalnachfrage im Wealth und Asset Management. „Das generiert zwar höhere Depotgebühren bzw. eine höhere Management Fee, aber schafft noch keine Mehrarbeit“, erläutert Bächer. Vielmehr würden die einschlägigen Arbeitgeber immer noch wenig Personal suchen. „Ursprünglich habe ich gehofft, dass wir im Sommer die Talsohle erreichen würden. Aber das scheint noch nicht der Fall zu sein“, ergänzt Bächer. Derzeit würden vor allem Leute gesucht, die hohe versteuerte Kundenvermögen mitbringen könnten. „Die erste Frage lautet heute nicht mehr: ‚Wie viel Kundenvermögen können Sie mitbringen‘, sondern: ‚Wie viel Weissgeld können Sie mitbringen‘“, sagt Bächer.
„Wir beobachten immer noch mehr Konsolidierung als Aufbau. Wir werden auch nicht so schnell einen signifikanten Aufbau sehen“, ergänzt Headhunter Philipp Buis von Jauch Associates in Zürich. So lege derzeit die Credit Suisse Bereiche zusammen. Buis prognostiziert, dass die Finanzdienstleister vor allem noch im mittleren Management und in Supportfunktionen Stellen streichen würden. Besser sehe es dagegen im Frontoffice aus. „Das Frontoffice wird die Cost Cuts überleben, weil sie die Erträge generieren“, ergänzt Buis.
Headhunter Orlando Bianchi von Bianchi & Partner in Zürich sieht zurzeit keine direkte Korrelation zwischen den Aktien- und den Arbeitsmärkten. „Die aktuelle Aktienhausse ist durch die hohe Liquidität und historisch tiefen Realzinsen getrieben und nicht durch eine fundamentale Aufhellung der Wirtschaft“, sagt Bianchi. Normalerweise nehme ein Aktienaufschwung eine Erholung der Realwirtschaft vorweg, dann folge eine Erholung des Arbeitsmarktes. Bianchi glaubt deshalb nicht, dass sich der Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten grundsätzlich verändern wird.
... aber es gibt Hoffnung
Doch selbst wenn eine Einstellungswelle nicht in Sicht ist, wirke sich die Aktienhausse doch positiv auf die wirtschaftliche Situation aus. „Die Hausse hat den befürchteten Radikalabbau in der Finanzbranche mitunter abgebremst“, erläutert Bianchi. So hat der Arbeitsplatzabbau in der Schweiz während der Krise nicht ein solches Ausmaß angenommen, wie von vielen proklamiert wurde. Der vergleichsweise moderate Abbau bedeute jedoch auch, dass bei einem Wiederanspringen der Märkte nicht sogleich wieder Personal aufgebaut werden muss.
Headhunter Thomas Bossard von Bianchi & Partner ergänzt: „Ich denke, dass wir im Asset Management die Talsohle durchschritten haben. Der Arbeitsmarkt hat sich nach der vielerorts erfolgreich gestalten Kostenkontrolle wieder stabilisiert - mit partiell leicht steigender Tendenz vor allem in Richtung Qualität. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Märkte in den kommenden Monaten entwickeln.“ Falls es an den Finanzmärkten weiterhin gut laufen sollte, dann könnten aufgrund der verbesserten Ertragslage die Personalbudgets der Arbeitgeber in 2014 wieder steigen. Auch die geplante Stärkung des Asset Managements, sich zur dritten Säule des hiesigen Finanzplatzes zu entwickeln, könnte sich in Zukunft positiv auf die Beschäftigung auswirken. Der Experte geht aufgrund seiner Nähe zum Markt davon aus, dass insbesondere qualifizierte und ausgewiesene Spezialisten sowie Persönlichkeiten noch mehr umworben werden.
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