GASTBEITRAG: Wer von einer Bank zu einer großen IT-Firma geht, wird es bereuen
Der Wechsel von IT-Experten von einer Bank zu einem großen Technologiekonzern fällt immer leichter. Heute suchen die großen IT-Firmen aktiv nach Talenten von den Investmentbanken, weil sie in fünf bis zehn Jahren mit den Banken konkurrieren wollen. Apple versucht beispielsweise Projekte zu replizieren, die in Banken entwickelt werden, allerdings auf viel größerem Niveaus als z.B. Apple Pay. Microsoft wiederum will seine eigene Risikomanagementplattform entwickeln und hat daher versucht, einschlägige IT-Experten von Morgan Stanley abzuwerben.
Für Leute, die in der Banking-IT arbeiten, scheinen diese Aufgaben attraktiv zu sein. Das Verkaufsargument lautet für gewöhnlich, dass sie Projekte auf der grünen Wiese aufbauen, die Millionen von Menschen rund um den Globus verwenden werden. Darüber hinaus können Sie Anzug und Krawatte wegwerfen und stattdessen Badelatschen tragen und tief in die IT-Kultur einsteigen.
Doch wenn Sie im Londoner Finanzdistrikt Canary Wharf arbeiten, kann das zu einem Problem werden. Ich kenne viele Leute, die bei ihrer Ankunft von den IT-Büros begeistert waren, doch schnell fühlten sie sich wie in einem Verbindungshaus.
Auch mit der IT, mit der Sie arbeiten, gibt es Probleme. Viele glauben, Sie würden an innovativen Projekten wie dem Maschinenlernen arbeiten, was meist jedoch nicht der Fall ist. Denn die besten Projekte werden weiterhin im Silicon Valley und in San Francisco bearbeitet und viele Londoner Entwickler scheinen zwischen den verschiedenen Projekten hin- und herzuspringen, nur um beschäftigt zu bleiben.
Der Libra, die Kryptowährung von Facebook, ist so ein Fall. In den zurückliegenden Monaten hat der Libra die Welt im Sturm erobert, doch Facebook-Insider berichten, dass das meiste davon beim Team in San Francisco landet. Die Amis arbeiten an der Bezahlplattform und nutzen Maschinenlernen, um die Plattform auszubauen, während ihre Londoner Kollegen lediglich an der Prüfung mitwirken, was vergleichsweise langweilig ist.
Wer in der IT einer Bank arbeitet und einen Tapetenwechsel wünscht, sollte es vielleicht auf der Buy-side – z.B. im Asset Management – versuchen. Denn die Fondsgesellschafen suchen ebenfalls IT-Experten. Die Aussicht auf eine steigende Volatilität bietet ihnen große Chancen, weshalb sie ihre IT-Teams in ihrem Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren ausbauen, um vom Abschwung zu profitieren. Einige bauen auch ihre Aktienplattformen pro-aktiv aus, um von einer Erholung in den kommenden zwölf Monaten zu profitieren.
Auch die Bezahlung fällt bei den Unternehmen auf der Buy-side anständig aus. Auch wenn dies viele nicht hören wollen, fallen die Boni auf der Buy-side deutlich höher als bei den IT-Firmen aus. Während viele Leute bei den IT-Firmen oft weniger als zwei Jahre bleiben, bieten Jobs auf der Buy-side größere Stabilität und Kompatibilität für IT-Profis, die sich für die Finanzmärkte interessieren.
Olly Thompson ist Head of Electronic Trading EMEA bei der Personalberatung GQR. Er ist darauf spezialisiert, IT-Experten im Front Office von Hedgefonds und bei eTrading-Teams von Investmentbanken zu platzieren.