Ex-Goldmann warnt: Geben Sie niemals Ihren Finanzjob auf
Ist Ihr Schritt lang genug? Sind Ihre Beine lang genug?
Nachdem ich mich seit drei Jahren mit einem Start-up selbständig gemacht habe, zweifle ich mittlerweile daran, ob ich den richtigen Schritt gewagt habe. Wieso habe ich meinen komfortablen Job in einer Investmentbank aufgegeben, um mein eigenes Unternehmen zu gründen? Damals erschien es mir aufregend: Das Risiko, die Gewinnmöglichkeiten, die Optionen und die Chancen.
Doch mittlerweile bin ich in der schnöden Realität angekommen: Es ist schon verdammt hart.
Und zwar härter als jeder Job im Investment Banking. Zumindest kann man als Banker auf anständige Weise reisen, man isst in großartigen Restaurants, feiert jedes Jahr mindestens eine große Party, man bekommt ein Gehalt und einen Bonus. Sicherlich muss man hart arbeiten, dafür erhält man aber auch einige Annehmlichkeiten.
Bei einem Start-up erreicht man im Durschnitt nach fünf Jahren den Break-even – wenn man Glück hat. Doch ich habe erst die Hälfte des Weges hinter mir. Nicht zusammenpassende Stühle im Büro, keine gescheite Kaffeemaschine, keine monatliche Gehaltszahlung, auf die man sich freuen könnte, und Billigflüge um 2 Uhr nachts. Das ist schon brutal.
Dies stellt schon Ihre Fähigkeit klar zu denken, Ihre Geduld und Ihr Engagement auf eine harte Probe. Ich muss gestehen, ich beginne zu verkümmern. Dabei glaube ich heute mehr an mein Produkt als am Anfang. Nur der Erfolg bleibt aus. Jeden Tag haben wir den Eindruck, dass wir bald dicht machen müssten. Harte Arbeit, Geld einwerben, auf den Markt geben – und der Erfolg bleibt aus. Nächstes Mal arbeiten Sie noch härter, sind noch aggressiver, versuchen mehr Geld einzuwerben (bekommen aber weniger) und gehen auf einen anderen Markt. Und wieder bleibt der Erfolg aus.
In den App-Stores gibt es mittlerweile 1 Mio. Anwendungen. Die Chance unter die Top-100 zu gelangen, liegt bei buchstäblich 0,001 Prozent.
Auch wenn Sie die gesamte Literatur der Welt über die Gründung eines Start-ups gelesen haben, bereitet Sie das noch lange nicht auf die Realität vor. Sie gehen schlafen und denken immer noch über Ihr Produkt nach. Sie wachen in der Nacht auf und greifen zum Smartphone, um erst ihre Unternehmens-E-Mails zu checken. Wie viele Nutzer sind in den vergangenen sechs Stunden hinzugekommen, während Sie rastlos geschlafen haben?
Den ganzen Tag geht es um Leute, das Produkt, Meetings, Projektbeteiligte, Kunden und immer mehr User! Und all das ohne Bezahlung. Alles nur für die Hoffnung und den potenziellen Ruhm mit einer Erfolgsquote von nur 0,001 Prozent. Plötzlich erscheint das Investment Banking wieder als interessant, selbst wenn ich nur für die Hälfte meines alten Gehalts arbeiten müsste.
Bei Zalim Naidu handelt es sich um das Pseudonym eines ehemaligen Executive Directors von Goldman Sachs, der seinen Job aufgegeben hat, um ein Start-up zu gründen.