„Hier ist niemand dabei, der 150.000 oder 200.000 im Jahr machen will“
Wenn man einen Hedgefondsmanager fragt, wie er an seinen Job gekommen ist, werden die meisten antworten, dass sie sich das selbst erarbeitet haben. „Hedgefonds-Gründer schreiben ihren Erfolg häufig ihrer Risikobereitschaft und ihrem starken Erfolgsstreben zu“, so Megan Tobias Neely, Assistant Professor im Department of Organization an der Copenhagen Business School. Tatsächlich, so Neely, ist das aber nur selten der Fall.
Neely beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, was Hedgefondsmanager über ihre berufliche Laufbahn sagen und gleicht diese Darstellungen mit der Realität ab. Sie ist ehemalige Due Diligence Analystin bei BlackRock und hat sich 2010 aus der Finanzwelt verabschiedet, um zu promovieren. Basierend auf dieser Doktorarbeit hat sie im Januar ein Buch* veröffentlicht.
Zwar sprechen Hedgefondsmanager gern darüber, sich ihren Erfolg selbst erarbeitet zu haben, doch Neely sagt dass die meisten es dank „der sozialen, familiären und institutionellen Unterstützung wie sie in der amerikanischen Oberklassenelite üblich ist“ dorthin geschafft haben, wo sie jetzt sind. Es hilft, wenn man aus einer Familie mit Geld kommt – oder Freunde mit Geld hat, oder ganz generell seit Generationen privilegiert ist.
Neely hat mit mehr als 50 Hedgefonds-Angestellten gesprochen und sie sagt, dass diese „ihre Herkunft hauptsächlich als solide Mittelklasse beschreiben“, auch wenn das nicht wirklich der Fall ist. „In Wirklichkeit kam alle aus der oberen Mittelklasse/wohlhabenden Familien und sind sehr gut ausgebildet“. Einer, der erklärt hatte, seine Hedgefondskarriere selbst aufgebaut zu haben, war Sohn eines Investmentbanken-CFOs. Ein weiterer hatte einen Vater, der CEO einer Fortune-500-Company war. Und dann gab es einen, dessen Vater Dean einer Business School war.
Neely hat ihre Forschung vor 2019 durchgeführt. Seither hat sich einiges getan. Das Aufkommen von großen Multi-Strategy-Fonds wie Citadel, Millennium, ExodusPoint machen es weniger wahrscheinlich, dass individuelle Hedgefonds-Manager auf eigene Faust agieren, sondern sich eher unter das Dach eines bestehenden Fonds begeben. Connections werden damit vielleicht weniger wichtig: Wer kein eigenes Hedgefonds-StartUp finanzieren muss, der braucht keine reichen Eltern.
Manches allerdings hat sich nicht geändert. Neely berichtet, dass Hedgefonds Leute danach aussuchen, ob sie „dazu passen“ und dass das normalerweise ein Euphemismus dafür ist, dass man gemeinsame „Upper-Middle-class-Hobbies“ hat. Frauen werden auf den „Mommy track“ abgeschoben und machen Sales und Investor Relations und sollen „enganliegende Kleider und turmhohe High heels“ tragen. Asian-Americans kümmern sich – so das Klischee – um Quant Strategien. Und People of color decken die Weltregion ab, die ihrer ethnischen Herkunft entspricht.
In dieser Kultur, so wurde Neely von weiblichen Befragten gesagt, würden jene Frauen Erfolg haben, die „ein dickes Fell haben“, die „sehr, sehr lang arbeiten“ und „sich reinhängen wie Männer“. Die Männer, die Erfolg haben, stammen normalerweise aus „weißen Elite-Oberklasse-Netzwerken“ und sind es gewohnt, sich über alle zu erheben, die ebenfalls einen Fuß in die Tür bekommen wollen. Einer bezeichnete Neely als „gute Doktorin“ und „Doktorin“, als sie ihn im Vorfeld ihrer Doktorarbeit befragt hatte.
Neely stellt außerdem verschiedene Beweggründe fest. Die weiblichen Hedgefondler, mit denen sie gesprochen hat, wollen Geld verdienen und sich dann früh zur Ruhe setzen können. Männer hingegen scheinen sich fast nie zur Ruhe zu setzen – und wenn sie die Branche doch verlassen, dann häufig, um in die ebenso prestigeträchtige Tech- und StartUp-Welt zu wechseln. Ebensowenig haben sie das Gefühl, irgendwann genug Geld verdient zu haben: „Hier ist niemand dabei, der 150.000 bis 200.000 im Jahr machen will“, erklärte etwa Craig, ein 40-jähriger, promovierter Portfoliomanager der Forscherin. Diese Art von Gehalt sei die „Instabilität und den Stress (eines Tradingjobs) nicht wert“, so Craig weiter.
Das richtig große Geld zu machen ist schwerer als je zuvor. Neely bekommt gesagt, dass es früher machbar war, dass man mit 35 Jahren ausgesorgt hatte – heute allerdings muss man bis 55 oder noch länger weitermachen. Und wenn man dann tatsächlich seinen Hut nimmt, könnte man in die Röhre gucken: Einer, den Neely befragt hat, hat sein Unternehmen mit 200 Mio. Dollar an ‚Assets under Management‘ verkauft, war aber nach kurzer Zeit wieder zurück: Gemeinsam mit Frauen mit „blau gefärbten Haaren“ in Charity Boards zu sitzen, hatte ihn gelangweilt.
*Hedged Out: Inequality and Insecurity on Wall Street
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