Wie es in der guten alten Zeit in der Londoner City zuging
In der Londoner City gibt es ein Sprichwort: „Die Arbeit hat früher Spaß gemacht, aber es gab kaum Geld. Dann kamen die amerikanischen Banken und der Spaß war passé, aber dafür gab’s Geld. Und schließlich gab‘s weder Spaß noch Geld.“
Und genau da befinden wir uns noch heute. Viel weniger Geld und viel weniger Spaß. Viele Leute können sich nicht einmal daran erinnern, wie es früher gewesen ist. Doch glücklicherweise haben Historiker festgehalten, wie es in den Glanzzeiten der City zuging. So gibt es Interviews mit früheren Market Makern und Tradern, bevor die neuen Verhältnisse 1986 eingeführt wurden. Sie stellen eine interessante Lektüre dar:
Was man machte, wenn der Bonus traurig ausfiel
Ein gewisser Marcus Colby hat im Jahr 1930 einen enttäuschenden Bonus erhalten. Im Interview erzählte er: „Als mein Manager Weihnachten 1932 bei Laurie Milbank erschien, sagte er: ‚Ich bin gekommen, um Euch einen Weihnachtsbonus zu geben‘ und er gab mir zwei Pfund. Ich habe sie ihm zurückgegeben und gesagt: ‚Ich denke, jemand anderes hat sie besser verdient als ich‘ und überreichte Sir John Laurie meine Kündigung.“
Zum Vorteil von Freunden im Markt
Colby erzählte auch: „Man hat ständig mit Freunden Geschäfte gemacht, immer. Es handelte sich um persönliche Freunde. Jetzt nehmen Sie den Telefonhörer ab und wissen nicht wirklich, wer am anderen Ende ist. Das ist das Problem.“
Zu den Drinks vor dem Lunch
„Gelegentlich bin ich ausgegangen und habe um 11.30 Uhr eine Flasche Champagner mit ein oder zwei Freunden getrunken. Bei Kitchin Banker Mason gab es einen Kerl, der beim Champagner besonders kräftig zulangte. Ich habe mit ihm häufig Champagner getrunken. Aber wissen Sie, dabei hatte ich eine sehr, sehr schöne Zeit.“
Zur Manipulation der Märkte (nicht ratsam heute)
Tony Lewis, der kurz nach dem Krieg an der Börse anfing, erzählte von der Kunst, den Goldmarkt zu manipulieren: „Man lernte den Markt zu beeinflussen, man manipulierte den Markt, indem man offen Kaufs- und Verkaufsangebote abgab. Beim Goldmarkt wurde das die übliche Praxis. Es kam ständig vor. Es ging um die Aufregung, Kaufs- und Verkaufsangebote abzugeben. Manchmal hat man geblufft und manchmal nicht. Das hat damals die Hälfte des Spaßes beim Trading ausgemacht. Man hat kein Angebot abgegeben, obgleich man einen Kaufauftrag hatte. Sie haben ein Angebot abgegeben, um irgendwann einmal einen besseren Preis zu erzielen. Sie wussten, dass viel geblufft wurde. Es handelte sich um einen viel undurchsichtigeren Markt als die Aktienmärkte, die viel einfacher waren.“
Zu Snobismus und Standesdünkel
Laut Brian Winterflood haben in der alten City die Partner nicht einmal mit ihren Angestellten gesprochen.
„Einige der Partner befanden sich als Dealing Partners im Handelssaal des Hauses. Das Hauptgeschäft fand aber hinter verschlossenen Türen im Obergeschoss statt. Es war fast undenkbar, sich mit den Partnern anzufreunden; sie würden nicht einmal mit ihnen sprechen; es gab auch keinen Grund für Freundschaften. Sie waren in ihren Elfenbeintürmen weggesperrt und man musste ehrfürchtig an ihre Tür klopfen, wenn man sie sprechen wollte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es da fast zuging wie bei Dickens.“