Credit Suisse: Wo „hire und fire“ parallel stattfindet
Es ist recht schwierig zu interpretieren, was bei der Credit Suisse vor sich geht. Einerseits hat die Bank gerade ihre dritte Gewinnwarnung in Folge herausgegeben, und „mit der Angelegenheit Vertraute“ sprechen davon, dass noch dieses Jahr Personal abgebaut wird, sollte sich die Lage nicht ruck-zuck ändern. Andererseits war man sich bei der Bank vermutlich bewusst, dass gestern ein viel beachtetes Interview mit der Schlagzeile veröffentlicht werden würde, die Credit Suisse erlange ihren Stolz (englisch „swagger“) zurück. Wenn man davon ausgeht, dass es sich nicht einfach um eine Verwechslung des Wortes „swagger“ (Stolz) mit „stagger“ (Taumeln) handelt, gibt es eine Reihe von möglichen Interpretationen, was man damit ausdrücken wollte.
Die wahrscheinlichste Erklärung könnte sein, dass es sich um eine vertrauensbildende Maßnahme handelt, bei der David Miller gebeten wurde, einen kleinen Teil seiner persönlichen Glaubwürdigkeit dranzugeben, um die Moral aufrechtzuerhalten. Er hat sich nun öffentlich zu der Aussage bekannt, dass die Credit Suisse selbst an ihrer Investmentbank festhält und den Wiederaufbau und das Wachstum der Franchise fortsetzen will. Wenn sich dies bewahrheitet, wird er bei seinen Leuten an Ansehen gewinnen und als die Führungspersönlichkeit dastehen, die sie vor dem Vorstand beschützt. Wenn es nicht der Fall ist, verärgert er damit alle, die aufgrund dieses Versprechens bei der Bank geblieben sind, doch sollte die Credit Suisse ihre Investmentbankensparte schließen, wird sie wahrscheinlich auch ihr Topmanagement entlassen.
Es könnten aber auch beide Aussagen zutreffen. Miller sprach davon, neue Managing Directors holen zu wollen, während andere, die sich zum künftigen Personalbestand äußerten, davon sprachen, dass „Underperformer entlassen werden, freiwerdende Stellen nicht nachbesetzt werden und weniger Berufseinsteiger eingestellt werden sollen“. Dies könnte immer noch mit dem Ansatz übereinstimmen, wonach die Credit Suisse den Wiederaufbau unter schwierigen Bedingungen damit bewältigen will, dass sie vorübergehend „top-heavy“ wird, indem sie in einem schlechten Bonusjahr Rainmaker von anderen Banken abwirbt und sie dann eigene Teams aufbauen lässt, wenn die Bedingungen besser werden.
Aber es gibt noch eine dritte Möglichkeit, und die ist deutlich beunruhigender. Die Gefahr ist, dass die Credit Suisse einfach die Augen davor verschließt, wie schlimm es werden könnte. Inside Paradeplatz skizziert ein apokalyptisches Szenario, wonach die Umsätze weiter sinken, die Verluste aus Altlasten zunehmen und das Kapital der Bank immer stärker beeinträchtigt wird. Das sieht nicht besonders wahrscheinlich aus – es muss schon vieles schiefgehen, damit das eintritt. Und doch ist es nicht völlig auszuschließen, denn schließlich ist schon einiges schief gegangen.
In diesem Fall würde die Zukunft der Investmentbank der Credit Suisse und ihrer Banker so oder so nicht unbedingt unter der Kontrolle derer liegen, die heute dort tätig sind. Inside Paradeplatz weist darauf hin, dass die Aktie kaum mehr kostet wie eine Tasse Kaffee in der Konditorei Sprüngli, was bedeutet, dass auch wildeste Übernahmegerüchte, wie die heutigen Spekulationen um State Street, nicht völlig auszuschließen sind. Alles in allem wäre es tatsächlich praktisch, wenn David Miller mit seiner Einschätzung einer Trendwende Recht hätte – und potenziell recht gefährlich, wenn er nicht Recht hätte.
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