Jetzt will Großbritannien auch noch die Banker-Boni verbieten
Falls es in Großbritannien noch vor Jahresende zu einer Neuwahl kommen sollte, dann hat die Labour Party gute Chancen, aus ihr als Sieger hervorzugehen. Laut der Financial Times würde dies auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Labour und Tories hinauslaufen. So mancher in der Londoner City würde sich wohl über einen Labour-Sieg freuen, weil damit wohl ein harter Brexit vom Tisch wäre. Doch Labour-Chef Jeremy Corbyn und Schattenfinanzminister John McDonnell wollen folgenschwere Veränderungen für die Finanzdienstleistungen durchsetzen.
In einem Interview sagte McDonnell der Financial Times: „Die Leute finden sich durch die Boni beleidigt.“ Wenn die Banken das nicht von sich aus abstellen, dann würde Labour „die Initiative ergreifen“.
„Krankenschwestern, Lehrer, Einzelhandelsangestellte, Bauarbeiter - so ziemlich jeder hat Schwierigkeiten zurechtzukommen, während der Morgan Stanley-Chef sich im vergangenen Jahr 21,5 Mio. Pfund (24 Mio. Euro) gegönnt hat und die britischen Banken 15 Mrd. Pfund (17 Mrd. Euro) an Boni gezahlt haben“, klagte McDonnell.
Laut McDonnell plane die Labour Party die Namen von allen Leuten zu veröffentlichen, die mehr als 150.000 Pfund (167.000 Euro) in Großbritannien verdienen und welche Einkommenssteuern Leute mit einem Einkommen von über 1 Mio. Pfund (1,12 Mio. Euro) zahlen. Weiter will er Aktienoptionen verbieten ebenso „wie goldene Handschläge und goldene Verabschiedungen.“
Der Financial Times zufolge stützt sich McDonnell dabei auf die Studie des Professors Prem Sikka von der Universität Exeter zur „dunklen Seite des Kapitalismus“.
Bereits heute sind die Banken durch die EU-Regulierung bei den Bonuszahlungen auf maximal 200 Prozent des Grundgehaltes beschränkt. Der unten stehende Chart zeigt die Höhe der Boni der US-Banken in London und der EU-Banken insgesamt für ihre sogenannten Risikoträger. Dabei handelt es sich meist um hohe Führungskräfte, die regelmäßig zu den bestbezahlten 15 Prozent der Bank gehören.
Mit einem Verbot von Bonuszahlungen dürften allerdings auch die Grundgehälter in London steigen, wie es beispielsweise bei der Deutschen Bank nach 2016 der Fall war. Einige mittelrangige Trader der Deutschen Bank sollen bereits Gehälter von 600.000 Pfund (670.000 Euro) einstreichen – ohne jeglichen Bonus. Angeblich soll dies den betroffenen Tradern gefallen. So berichten Headhunter, dass diese Leute nicht so hart arbeiten müssten. Allerdings stellt die Deutsche Bank gerade fest, dass derlei eine problematische Kostenstruktur mit sich bringt, sobald die Erträge ins Rutschen geraten und schwer vorhersagbar sind.
Statt der variablen Vergütungen könnten Investmentbanker in einer bonusfreien Welt auch „allowances“ (Zuschüsse) erhalten. Für derartige Vergütungstricks ist der Chef von JP Morgans Investmentbank Daniel Pinto in London bekannt. So hat Pinto ein Gehalt von 621.000 Dollar (563.000 Euro), einen Bonus von 14,7 Mio. Dollar (13,3 Mio. Euro) und einen „Barzuschuss“ von 7,6 Mio. Dollar (6,9 Mio. Euro) erhalten. Als Folge davon hat Pinto monatlich einen Barbetrag von 687.000 Dollar 622.000 Euro) eingestrichen. Banker, deren Boni über mehrere Jahre aufgeschoben ausbezahlt werden, würden sich wohl über eine solche Regelung freuen. Viele dieser Boni sind überdies an den Aktienkurs gebunden und fallen bei einem Kurseinbruch entsprechend.
Nach den Regeln der Bank of England aus dem Jahr 2015 müssen die Boni von hohen Führungskräften über sieben Jahre aufgeschoben ausbezahlt werden. Bei Risikomanagern sind es fünf und bei den Risikoträgern drei Jahre. Von dieser Aufschiebung sind zwischen 40 und 60 Prozent der gewährten Boni betroffen.
Vor diesem Hintergrund erscheinen McDonnells Überlegungen als sonderbar, wollte die Labour Party doch, dass Angestellte sich an ihren Unternehmen und deren langfristiger Entwicklung beteiligen. Stattdessen wird jetzt verlangt, dass die Mitarbeiter der Finanzdienstleistungen fortan ihre gesamte Vergütung sofort und in bar erhalten, wie das bei Gehältern bekanntlich der Fall ist.
Die Absicht hinter den existierenden Regelungen besteht eben darin, die Bezahlung an den langfristigen Unternehmenserfolg zu binden und ggf. Rückforderungen zu ermöglichen. Wenn Labour die Banken dazu zwingen würde, ihre Mitarbeiter nur noch über ihre Gehälter zu vergüten, wäre der Zusammenhang zwischen Bezahlung und langfristigem Unternehmenserfolg dahin, der nach der Finanzkrise gestärkt wurde.
Von daher wäre es besser, dass Banker einen noch höheren Anteil ihrer Vergütungen in Boni erhalten und möglichst viel davon verschoben ausgezahlt wird. In diesem Fall wären die Investmentbanker wohl tatsächlich „unhappy“.